Lass doch mal die Pferde flüstern

 

Lass doch mal die Pferde flüstern

 

Gliederung

 

Die Intention des Ratgebers

Ÿ  Pferdeflüsterer – Pferde flüstern

Ÿ  Gesundes und glückliches Pferd als unser Ziela

Das Autorenteam und seine Tiere

Ÿ  Nicol Friderritzi

Ÿ  Behandlungsteam

Ÿ  Mitarbeiter

Das glückliche Pferd

Ÿ  Suche nach „Fehlern“

Ÿ  Suche nach Fachleuten

Ÿ   Was wir als Pferdebesitzer tun können

„Artgerechte“ Haltung

Ÿ  Das Pferd, ein Herdentier

Ÿ  Die Fütterung und Beschäftigung unserer Pferde

Ÿ  Das Pferd, ein Steppentier

Schmerzen

Ÿ  Schmerzäußerung des Pferdes

Ÿ  Allgemeine Maßnahmen zur Heilung

Ÿ  Huferkrankungen

Ÿ  Rückenprobleme

Ÿ  Andere Ursachen für Schmerzen

Ausrüstung

Ÿ  Sperrriemen

Ÿ  Gerten

Ÿ  „Hilfszügel“

Ÿ  Gebisse

Ÿ  Sattelanpassung

Schlusswort

Ÿ  Ankündigung der Themen und Autoren im nächsten Ratgeber

Ÿ  Danksagung

 

 

Die Intention des Ratgebers: Das Wohl des Pferdes

 

Pferdeflüsterer – Pferde flüstern

                                                              

Der Begriff des Pferdeflüsterers ist heutzutage in aller (Reiter)munde, aber leider wenig hinterfragt. Wir möchten mit diesem - und unseren weiteren Ratgebern - zum Nachdenken darüber anregen, was die Pferde zu den häufig diskutierten, sie betreffenden Themengebieten, zu sagen hätten und ob die Menschen wirklich flüstern.

Im Englischen bedeutet „whisperer“ nicht nur „Flüsterer“ sondern auch „Zuträger“, das heißt  also Überbringer von Botschaften. Diese Mitteilungen müssen jedoch nicht zwangsläufig in der menschlichen Sprache überbracht werden.

Unserer Meinung nach sollten nicht wir Menschen den Pferden „zuflüstern“ oder ihnen - wie es in der Realität leider häufig aussieht - gar mit Gewalt aufzwängen, was aus unserer Sicht das Beste für sie wäre bzw. uns gut gefällt. Vielmehr wünschen wir uns, dass die Pferde mehr „zu Wort“ kommen und, was noch viel wichtiger ist, dass diese „Worte“ auch Beachtung finden.

Wenn wir unsere Pferde wirklich verstehen möchten und mit ihnen kommunizieren wollen, müssen wir erst lauschen. Beim Beobachten des Pferdes kann man lernen, instinktive Reaktionen richtig zu deuten, arttypisches Verhalten von untypischen zu unterscheiden, und die ureigensten Bedürfnisse der Pferde kennen lernen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein Pferd oder ein Pony, ein Kalt-, Warm- oder Vollblut handelt und ob es ein altes oder junges Pferd ist, mit dem ich umgehe. Die Kommunikation ist auch unabhängig vom „Verwendungszweck“ des Tieres. Wir gehen davon aus, dass jeder, der mit einem Pferd (damit sind hier auch immer die Ponys gemeint) umgeht, eine harmonische Beziehung zwischen Mensch und Pferd führen möchte.

Tiere kommunizieren teilweise in telepathischer Form durch Bilder. Deshalb sollte man sich immer nur die positive Reaktion vorstellen. Viele Profireiter visualisieren den perfekten Parcours oder die gelungene Dressurprüfung vor ihrem Ritt. Dies ist auf jedem Fall besser, als sich schon vorher einen Sprung auszudenken, an dem das Pferd verweigern könnte. Sehr häufig kommen Pferde diesem „ Wunsch“ nach und bleiben davor stehen.

Auch bei Hunden gibt es  Missverständnisse mit ihrem Herrchen. Als kleines Beispiel gibt es ja Hunde, die nicht auf ihr Herrchen reagieren, wenn sie gerufen werden. Es liegt auch da die Vermutung nahe, dass das Herrchen dem Hund das Bild sendet, mein Hund hört sowieso nicht auf mich und ignoriert mich, wenn ich ihn zu mir rufe. Der Hund kommt also nicht und entspricht dem bildlichen Wunsch des Herrchens.

Generell verwirrt Gewalt das Tier noch mehr, vor allem bei schon bestehenden Problemen bzw. Missverständnissen. Alle Lebewesen lernen besser durch Motivation als durch Strafe und Druck. Man kommt im Umgang und im Training eines Pferdes besser voran, wenn man sich kleine, motivierende Schritte vornimmt und Fortschritte belohnt. Das baut in jedem Fall Vertrauen auf und ist außerdem weniger gefährlich für Mensch und Pferd. Ein überfordertes Pferd, welches kein Vertrauen hat und panisch reagiert, stellt für sich und seinen Menschen eine große Gefahr dar. Bei Pferden kommt man, wie bei Kindern ja auch, häufig mit kleinen, sicheren Schritten große Schritte voran.

Außerdem erfüllt es wohl jeden Pferdefreund mit Stolz, wenn er mit seinem Pferd vertrauensvoll durch dick und dünn gehen kann.

Für solche und ähnliche Erkenntnisse braucht es allerdings keinen Pferdeflüsterer, sondern nur etwas Mitgefühl und ein offenes Auge des Menschen.

Wie würde wohl die Pferdewelt aussehen, wenn Pferde Schmerzlaute von sich geben würden und wie unsere Hunde jaulen könnten? Wären Reitveranstaltungen dann noch von jubelndem Publikum besucht? Würden die Eltern gerne an der Bande stehen und dem Reiternachwuchs zuschauen?

Mir fällt es persönlich immer schwerer, Turniere anzuschauen oder in Reitsportmagazinen nicht in den Blicken der Pferde Schmerzen und Angst zu deuten.

Gesundes und glückliches Pferd als unser Ziel

Ein Pferd wurde weder für das Reiten noch für das Ziehen von Kutschen geboren, aber sie hätten in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr, würden sie dieses nicht verrichten.

Natürlich sind nicht alle Pferdebesitzer so „verrückt“ wie wir, die sich darüber freuen, ihr ganzes Geld und viel Zeit in krank gewordene oder gemachte Pferde stecken zu dürfen, damit diese gesund und glücklich werden. Der Kostenfaktor spielt für uns natürlich auch eine Rolle. Vor einigen Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich einmal 15 bis 20 Pferde halten könnte. Diese Anzahl ist zwar wirklich nicht erstrebenswert, hat sich aber so „angesammelt“, da ich keines dieser Pferdeschicksale ablehnen konnte und zum Glück auch nicht aus finanziellen oder zeitlichen Gründen musste.

Uns gelingt es immer öfter, den Pferden durch sanfte - teilweise sogar viel günstigere - Heilmethoden zu helfen.

Im Prinzip ist es ganz einfach: Man muss lernen, die Ursache für ein Problem selber zu erkennen, um damit nicht erst über teure Umwege zum „Ziel“ des gesunden und glücklichen Pferdes zu gelangen. Dies erreicht man in erster Linie durch - das oben genannte - Beobachten und „den Pferden lauschen“.

Eine artgerechte Haltung und umsichtiger Umgang sorgen dann bestmöglich dafür, dass das Pferd gesund und glücklich bleibt. Das spart nicht nur viel Zeit sondern auch Geld.

Leider ist eine große Anzahl von Pferden in der Anschaffung so günstig geworden, dass manche Menschen sich ein Pferd zulegen, die sich die normalen Unterhaltungskosten eigentlich nicht leisten können. Ein „Schnäppchenpferd“ kostet aber in der Unterhaltung genauso viel, teilweise sogar noch mehr, als ein anständig bezahltes Pferd. Es ist verantwortungslos, wenn aus Kostengründen nicht mehr das Wohlbefinden des Pferdes im Mittelpunkt steht.

Man hat ein Pferd ja nicht, um Geld zu sparen!

Dies ist ein mir unvergessliches Zitat von Heike Junker, welche meine Pferde ausbildet. Sie kann Pferde bis zur S-Dressur führen, aber auch Fahren, Bodenarbeit und jede Menge andere Dinge. Außerdem ist sie meine Freundin, hat alle Pferdebücher gelesen und mich zum Beispiel auf Michael Geitner (u. a. bekannt durch seine Dualaktivierung) und Dr. Hiltrud Strasser (Hufklinik Tübingen). Im nächsten Ratgeber wird Heike auch zu Wort kommen und schreibt etwas zum Reiten in „Richtung“ Philippe Karl (französischer Reitmeister), bei dem sie auch Kurse besucht hat.

Mit unseren Ratgebern wollen wir preiswert und verständlich - auch für Kinder und ihre nicht reitenden Eltern - über den Sinn und Unsinn von einigen Reitsportartikeln aufklären, über die wirklichen Bedürfnisse der Pferde berichten, beim Erkennen von Krankheiten und Finden des richtigen Therapeuten helfen, zu mehr Harmonie beim Reiten und im Umgang mit ihrem Pferd beitragen und sie zum Ablegen alter Muster bewegen, um zu anderen, manchmal neuen aber auch ganz alten Schritten, zu ermutigen. Wir stellen die fundierte Meinung einer Pferdedentistin, eines Hufheilpraktikers, eines Chiropraktikers oder eines Therapeuten gleich welcher Behandlungsrichtung auf eine Stufe. Wie heißt es so richtig? Wer heilt hat recht!

Wenn wir hier von Therapeuten sprechen, so sind natürlich sowohl die weiblichen als auch die männlichen Vertreter gemeint.

Als meine Isländerstute „Soley“ (unser „Islandpaule“)krank war und ich sehr daran verzweifelte, ihr nicht sofort helfen zu können, sagte Karl, der Vater von meinem Freund, einen sehr treffenden Spruch, der mir sehr geholfen hat und mir auch Mut gegeben hat diese Ratgeber zu schreiben:

Gott gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut Dinge zu ändern, die ich zu ändern vermag und die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden.

Ich wünsche mir, dass wir mit „Lass doch mal die Pferde flüstern“ viele Dinge im Sinne der Pferde ändern können.

 

Das Autorenteam und seine Tiere

In diesem Ratgeber stelle ich mich zunächst vor und erzählt ein wenig von mir und meinem Werdegang. In den weiteren Ratgebern gibt es noch mehr von meinen Mitarbeitern und dem Team zu lesen, die dort auch zu Wort kommen werden.

Nicol Friderritzi geb. 30.09.1972

Schon als Kind entwickelte ich eine große Liebe zu Tieren.

Aber nicht nur das, ich sammelte bereits im Kindergartenalter Unterschriften gegen Tierversuche und war stets bemüht, meinen Tieren so viel Freiheit wie möglich zu geben. So durften die Kaninchen („Nicky“ und „Hoppel“) und Stallhasen („Hoppeline“ und viele Kumpel und Nachkommen) so oft es ging frei im Garten toben. „Hansi“ und „Bubi“ bekamen jeden Tag Flugstunden. Die Wasserschildkröten „Lieschen“, „Karlchen“ und „Emma“ nahmen manchmal die Badewanne ein und Hamster „Harry“ besaß fünf aneinander gebaute Käfige.

Was mir aber absolut zu meinem Glück fehlte waren ein Hund und ein Pony.

„Puschka“, eine wunderschöne Münsterländerdame (Jagdhund meines Onkels und Famielenhund für alle Weigels), schenkte mir viele schöne gemeinsame Stunden. Ich glaube, anfangs war ich nur einen Kopf größer als sie, aber wir waren ein tolles Team. Ihre Nähe machte mich völlig glücklich. Später, als ich auf die Grundschule ging, brach „Puschka“, die in der Nähe wohnte, oft aus, wenn sie die Pausenklingel hörte, um mein Schulbrot (die von den anderen Kindern wurden auch gerne genommen) zu erbetteln.

Als es mit meiner geliebten „Puschka“ dem irdischen Ende zu ging, wartet die Familie um „Puschka“ mit dem in Erwägung gezogenen Einschläfern, bis ich von einer Reise zurück war und mein Einverständnis geben könnte. Ohne von ihnen gefragt zu werden, sagte ich, dass die in meiner zweiwöchigen Abwesenheit völlig gealterte „Puschka“, jetzt eingeschläfert werden müsste. Trotz des unfassbar großen Abschiedsschmerzes spürte ich als naives Kind, dass „Puschka“ nicht mehr weiterleben wollte und nicht ohne Hilfe sterben konnte. Sie wurde kurz darauf eingeschläfert.

Nach dem Tod von „Puschka“ nervte ich meine Eltern vermehrt mit dem Wunsch nach einem Hund. Ich zog alle Register. Nach der Sendung „Herrchen gesucht“, die ich nie verpasste, wurde zum Beispiel grundsätzlich stundenlang geheult. Auch sonst fragte ich bei jeder Gelegenheit, wann ich endlich alt genug wäre, um einen Hund haben zu dürfen. Meine sehr verantwortungsbewussten Eltern hatten nur wenige Argumente (beide berufstätig, Schule, Urlaub… das Übliche eben) entgegenzusetzen. Irgendwann (ich glaube ich war 7 Jahre alt) nahm sich mein Vater ein Herz (oder vielleicht konnte er auch mein Gejammer nicht länger ertragen...) und brachte mir von einer Geschäftsreise die kleine Dachsbracke „Amsel vom Erlenbach“ (alias „Tessa“) mit. Bei mir war die Freude riesig. Bei meiner nicht gefragten Mutter überhaupt nicht. Ihr Ausspruch damals, als sie noch glaubte, der Hund wäre ein schwarzer Schäferhundwelpe von Vaters Chef: „Der Hund kommt mir aus dem Haus.“ Meiner sehr tierlieben Mutter wurde aber schnell klar, dass „Tessa“ bleibt, obwohl sie natürlich sauer auf meinen Vater war. Deshalb sollte „Tessa“ auch im Keller und in unserer Bar bleiben. Darunter litt aber das Familienleben sehr, da mein Vater und ich es uns auch mit Fernseher und Kaminfeuer in der Bar gemütlich machten. Kurzum, es dauerte nur wenige Tage oder vielleicht Wochen bis „Tessa“ sich bis vor das Bett meiner Eltern und streng verbotenerweise in meins hinein hochgearbeitet hatte.

Durch „Tessa“ lernte ich schon sehr früh mich mit Krankheiten und Leiden bei Tieren auseinandersetzen. „Tessa“ bekam mit knapp einem Jahr ihren ersten schlimmen Anfall als ich mit ihr spazieren war. Ich konnte nicht deuten, warum der Hund krampfend und laut jaulend,  mit Schaum vorm Maul auf dem Boden lag. Passanten rieten mir wegzulaufen, da der Hund sicherlich Tollwut hätte. Zum Glück kam „Tessa“ wieder zu sich und freute sich überschwänglich. Wir rannten dann beide nach meiner Tante, die inzwischen auch wieder einen Hund hatte: Rauhaardackelmädchen und Tessas beste Freundin „Baffi“. Aber auch die konnte uns nur trösten und mir sagen, dass sie nicht an Tollwut glaubte.

Es dauerte Monate und weitere Anfälle, bis uns ein Tierarzt die richtige Diagnose – epileptische Anfälle – sagen konnte. Wir bekamen für „Tessa“ starke Medikamente, die ihr Bewusstsein sehr trübten und die Anfallhäufigkeit nur einschränken konnten. Als wir wegen der vielen Nebenwirkungen die Tabletten nicht mehr gaben, mussten wir zwangsläufig mit den Anfällen, aber dem sonst fit und fröhlichen Hundchen leben. Dies war für mich als Kind sehr schwer, da ich in ständiger Angst um „Tessa“ lebte und nicht so unbeschwert spielen und spazieren gehen konnte wie mit „Puschka“.

Außerdem zog „Tessa“ auch ein wenig das Pech an. Als sie unseren Nachbarn (sie war bei allen Nachbarn sehr beliebt und besuchte einige regelmäßig) begrüßen wollte während dieser ins Auto stieg, bemerkte er sie nicht und überfuhr sie. „Tessa“ wurde dabei wie durch ein Wunder, vor einen Bordstein geschoben und durch diesen gerettet. Sie lag allerdings ohnmächtig da und unser völlig aufgelöster Nachbar und wir hielten sie für tot. Durch den telefonischen Tipp eines Tierarztes, wir sollten ihr starken Kaffee einflößen, kam sie wieder zu sich. Auch von den inneren Verletzungen erholte sie sich schnell.

Als meine Eltern mit ihr am Edersee spazieren gingen, wurde sie von einem freilaufenden Schäferhund gebissen. Sie hatte sich schon längst auf den Rücken geschmissen und sich ergeben, aber der Hund riss ihr die Gedärme raus, zum Glück allerdings nicht kaputt. Der Besitzer des Hundes konnte diesen nicht abrufen und ging, als der Hund von „Tessa“ abließ, einfach weg. Meine panischen Eltern fuhren schnell zu einem Tierarzt, der „Tessa“ retten konnte. Sie konnte danach lange nicht ohne Schmerzen laufen und ließ sich gerne von uns betüddeln und umsorgen. Das liegt meiner Mutter und mir sehr.

Im jungen Alter von 8 Jahren mussten wir „Tessa“ einschläfern lassen, da sie täglich mehrere Anfälle bekam und kaum noch Kraft hatte. Sogar das Laufen viel ihr schwer. Meiner Mutter, meiner Schwester und mir fehlte die Kraft, sie auf dem letzten Weg zu begleiten. Diese schwere Aufgabe musste mein Vater ohne uns übernehmen.

Durch „Tessa“ lernte ich meine beste Freundin Claudia (heute ist sie Rechtsanwältin und stolze Besitzerin von „Renzo“, einem Deutschen Reitponyhengst aus meiner „Frau Ferry“) kennen. Sie fand den Hund so toll, dass sie auch mit mir spielte, obwohl ich ein ganzes Jahr jünger war.

Mit ihr wuchs die Liebe zu Pferden. Wir durften uns um 2 Ponys („Orchid“ und „Tetû“, die in Anbindehaltung und ohne Weidegang lebten, kümmern. Dies machten wir fast täglich und  hatten alle vier viel Freude dabei. Unsere Ponykasse, die eigentlich für unseren Traum vom eigenen Pony gedacht war, opferten wir für den Hufschmied, da „Orchid“ an Hufrehe erkrankt war.

Kurzum, da in einem Ratgeber nicht so viel Platz ist, die zwei Ponys waren unsere ersten echten Pflegepferde. Nebenbei machten wir beim Voltigieren mit und durften als Turniertrottel bei der Cousine von Claudia mitfahren. Wir traten zwei Reitvereinen bei und bekamen auch Großpferde zum Pflegen und Reiten. Ich ritt viele Pferde von Züchtern ein, von denen ich mich nach kurzer Zeit trennen musste. Im Reitverein Waldeck kümmerte ich mich unter anderem um das damals dreijährige Vereinspferd „Bernhard“ (ein toller Lehrmeister, der noch heute seiner liebevollen Besitzerin Svenja viel Freude bereitet) und gab zahlreichen Kindern und einigen Erwachsenen Longen- und Reitstunden. Unter anderem hatten „Bernhard“ und ich drei riesige Voltigiergruppen zu betreuen. Obwohl ich auch Turnierreiter war, ritt ich am liebsten in Ruhe und für mich alleine.

Mein erstes Pferd, „Whispy Boy“, kaufte ich mit 18 Jahren. Dies war nur möglich, weil ich das Geld, welches meine Eltern mir für den Kauf eines Autos gegeben hatten, lieber für den Pferdekauf verwandte und auf den Autokauf verzichtete.

Damit ich kein Auto benötigte hatte ich zuvor schon eine Lehre vor Ort als Zahnarzthelferin angefangen. Zudem half ich bei meinem Reitvereinskollegen Bruno Reich aus. Dieser baute Weidezäune und hatte ein kleines Reitsportgeschäft.

Zum Missfallen meiner Eltern („so etwas hat keine Zukunft“) fing ich kurz nach der Lehre ganztägig an, bei ihm zu arbeiten.

Als sich nach einiger Zeit herausstellte, dass sich für das Reitsportgeschäft wirklich keine Ganztagskraft rechnete, teilten wir das Geschäft auf und ich kaufte im Alter von 24 Jahren die Reitsportabteilung. Diese baute ich mutig aus. Auch diese Entscheidung versetzte meine Eltern nicht in Verzückung, aber sie unterstützten mich trotzdem, was sie auch heute noch machen.

Nachdem wir den Laden mehrfach umgebaut hatten, drohte er trotzdem aus allen Nähten zu platzen. Mit sehr viel Unterstützung von Freunden bauten wir 2003 eine große Scheune als Laden um. Diesen erweiterten wir mehrfach, so dass wir jetzt unter anderem auch Behandlungsräume für unsere Pferdegesundheitstage, die wir regelmäßig durchführen, haben.

Behandlungsteam

Den Anfang für die Behandlungen der Pferde bei mir vor Ort machte der Tierheil- und Chiropraktiker Heinz Klaiber, der leider im Juni 2009 verstarb, aus dem ca. 300 km entfernten Papenburg. Er wurde mir durch meine Tierärztin empfohlen und behandelte bei uns schon Hunderte von Pferden, rettete sogar einigen das Leben.

Da Herr Klaiber sehr eng mit Dr. Berger von der Emslandklink zusammenarbeitete, kamen wir auf die Idee, auch diesen mit seiner fahrbaren Ambulanz einzuladen. Dr. Bergers Spezialgebiete sind Rückenerkrankungen, Rittigkeitsprobleme, Leistungsdiagnostik. Er führt eine Klinik für Pferde und Kleintiere, die 23 Mitarbeiter hat und 24 Stunden erreichbar ist. Besonders hervorzuheben ist jedoch eine sehr erfolgreiche Kissing-Spine-Behandlung, die er auch vor Ort durchführen kann.

Durch die jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Heinz Klaiber und mir übergab er, mit seinem Tod, mir die Aufgabe und alleinige Berechtigung, sein Lebenswerk - für gesunde und glückliche Pferde zu sorgen - weiter zu führen.

So sind seine Heilmittel, d.h. die Originalkräuter, HKL-Tinkturen, Einreibungen etc., in Zusammenarbeit mit vielen Tierheilpraktikern und Tierärzten weiterhin über mich zu beziehen. Auf unserer Internetseite finden sich im Gästebuch etliche Erfahrungsberichte zu Klaibers Behandlungserfolgen und den positiven Auswirkungen seiner Mittel auf das Wohlbefinden und auch die Leistungsfähigkeit der behandelten Pferde.

Im Namen von Heinz Klaiber ist auch die Gründung eines Vereins zugunsten kranker Tiere mittellos gewordener Besitzer und zur Förderung des Therapeutischen Reitens in Planung.

Außerdem gehören zu unserem Behandlungsteam an unseren Pferdegesundheitstagen die Zahnfee Antrin Fricke (Pferdedentistin), Carsten Schultze (Hufheilpraktiker) und Frederike Rieder-Neeten, die Blutegeltherapien anbietet.

Das etwa zehnköpfige Team von Fritzis-Reitshop führt die komplette Organisation durch und bietet Sattel- und Gebisskontrollen an. Der Futtermittelhersteller St. Hippolyt berät sehr kompetent über wirklich sinnvolle Pferdefütterung und zudem beschäftigen wir uns neuerdings neben der Akupunktur, die bei uns die Tierärztin Johanna Balzer durchführt, auch mit Akupunktmassage (macht bei uns die Tierheilpraktikerin Sabine Brandt), die sicherlich auf dem nächsten Gesundheitstag angeboten wird.

So entwickelten sich unsere Gesundheitstage bei denen jeweils an einem Wochenende bis zu 60 Pferden auf unserem Gelände geholfen werden konnte.

Mitarbeiter

Auch beim ersten Reitsporthändleraward 2007 (gesucht wurde Deutschlands bestes Reitsportgeschäft), bei dem wir unter den Top 10 landeten, wurden wir im Rahmen der Preisverleihung besonders für unseren Einsatz zugunsten der Pferde gelobt.

Ich glaube, dass dieses große Engagement aller Mitarbeiter meines Reitsportgeschäftes von unseren Kunden sehr geschätzt wird.

Fast alle Mitarbeiter haben kurz nach dem Laufen lernen mit dem Reiten, was ja auch viel schöner ist, angefangen. Außerdem räumen sie mir genug Freiraum ein, so dass ich mich um die derzeit angesammelten 16 Pferde und über 20 „sonstigen“ Tiere kümmern kann und auch noch Zeit finde, an den Ratgebern zu schreiben und das Lebenswerk von Heinz Klaiber fortzuführen.

Deshalb möchte ich mich hier, auch im Namen meiner Tiere, herzlich bei allen Mitarbeitern und „ehrenamtlichen“ Helfern bedanken und ihre Namen erwähnen:

Isabell Benke (Isa), Uta Schulze, Manuela Mierke, Carina Momberg, Julia Rieder, Claudia Hankel, Heike Junker, Meike und Alexander Knop, Antje Wöllenstein, Jens Schluckebier, Tanja Conradi, Heidi und Klaus Friderritzi - meine Eltern, Ruth und Karl Schluckebier - die Eltern von meinem Freund, Ralf Relke, Reinhard Lippe, Andreas Mertens, Sabine Brandt, Barbara Rüffert, Henrike Adamu.v.a.

Außerdem gilt der Dank auch allen ehemaligen Mitarbeitern, die uns beim „Wachsen“ geholfen haben.

 

Das glückliche Pferd

Der Grund, warum wir diesen Ratgeber schreiben ist:

Wir möchten mit ihnen die Pferdewelt etwas schöner, glücklicher und gesünder gestalten.

Um dies zu erreichen, muss man aber auch selber glücklich sowie (physisch und psychisch) gesund sein oder werden.

Tieren fällt es sehr schwer glücklich zu sein, wenn ihre Besitzer nur in Eile sind und sich ihre Gedanken um andere Sachen, wie z. B. Geldsorgen, Beziehungsstress und ähnliches, kreisen.

Viele Tiere, die ja ihre Besitzer lieben und ihnen alles Recht machen möchten, nehmen deren  schlechte Stimmung, manchmal sogar Krankheiten des Besitzers an und reflektieren diese. Die Erfahrungen der letzten Jahre lässt mich mittlerweile zu der Meinung veranlassen, dass es manchmal auch umgekehrt ist…

Mein Hund „Sherly“ beißt und juckt sich blutige Wunden, wenn ich unter Stress stehe. Dies hörte zur Verwunderung einiger Leute sofort auf, als ich von einem Psychologen lernte, negative Energien selber von mir fernzuhalten. Dafür bin ich sehr dankbar, da ich enorm mit „Sherly“ gelitten habe.

Suche nach „Fehlern“

Manche Tiere, die als bösartig oder aggressiv gelten, sind in Gegenwart von Kindern, die spielerisch  mit ihnen umgehen, wie ausgewechselt. Sie haben hier die Möglichkeit ihr wahres gutmütiges Wesen zu zeigen.

Leider fällt uns Erwachsenen der spielerische (naive) Umgang mit den Tieren sehr schwer, obwohl er das Tier zum freudigen „Arbeiten“ motiviert. „Arbeit“ sehen wir Erwachsenen oft als Gegenteil von „Spiel“. Menschen, denen ihre Arbeit Spaß macht und sie spielerisch angehen, sind viel motivierter, erfolgreicher und kreativer als die Menschen, die denken mit harter Arbeit nur Geld zum Überleben verdienen zu müssen. Oft stehen diese Menschen im Umgang mit ihren Hobbys - wo sie ja eigentlich entspannen wollen – ebenso wie in ihrem Job unter Leistungsstress.

Im Umgang mit unseren Pferden wird vieles reflektiert. Man kann es einem Pferd sehr leicht ansehen, ob es motiviert mitarbeitet („spielt“), oder ob es resigniert ein von seinem Reiter ausgedachtes Programm abspult („arbeitet“).

Um das freudige Arbeiten zu erleichtern sollten wir einige Dinge beachten, auf die uns das Pferd mit verschiedensten Art und Weisen versucht aufmerksam zu machen.

Als Pferdemensch und Reiter sollte man das Flüstern des Pferdes - was manchmal auch in Schreien enden kann - nicht als bockig, stur oder böse abtun, sondern den wahren Grund für sein Ablehnen der Mitarbeit suchen, noch besser finden.

Manchmal ist dafür Hilfe von Fachleuten nötig, die teilweise nicht so einfach auszumachen sind, da auch diese Menschen nicht alle nur aus Freude am Heilen und Helfen arbeiten.

Versuchen sie sich dennoch, sich zunächst selbst in ihr Pferd hineinzudenken (sie kennen es schließlich am besten).

Wenn beim Reiten oder beim Umgang mit dem Pferd Probleme auftauchen, sollten sie sich einige Fragen stellen:

Ist mein Pferd gesund? Schmerzen vielleicht seine Zähne, der Bauch, der Rücken oder die Beine? Ist der Sattel noch passend? Verursacht das Gebiss Verletzungen auf den sensiblen Schleimhäuten? Hat es Angst? Versteht es meine Hilfen? Belohne ich schnell genug das richtige bzw. von mir gewünschte Verhalten meines Pferdes? Motiviere oder langweile ich mein Pferd? Versuche ich dem Pferd meinen Willen durch Druck und Unterwerfung aufzuzwingen?  Bin ich selbst klar und korrekt mit meinen Hilfen? ...

Suche nach Fachleuten

Wenn sie sich selber diese Fragen nicht beantworten können, suchen sie Fachleute (Reitlehrer, Sattler, Chiropraktiker, Osteopath, Physiotherapeut, Tierheilpraktiker, Tierarzt, Hufpfleger etc.) auf, denen sie ihr Vertrauen schenken und ihren Schützling guten Gewissens anvertrauen möchten.

Wir haben bei der „Fehlersuche“ sehr gute Erfahrungen mit Tierkommunikation gemacht. Bei diesem Thema war ich anfangs sehr skeptisch und es war mir etwas unheimlich. Aber unsere Isa (damals noch unser Lehrling) hat mich so lange genötigt, dort anzurufen (hatte die Telefonnummer schon  zwei  Jahre zuvor von einer Kundin bekommen), bis ich mit drei von unseren Pferden, die eine Kissing-Spine-Behandlung bekommen sollten, „gesprochen“ habe. Zuerst war ich beeindruckt, dass die fremde Dame besser als ich wusste, welche Abzeichen meine Pferde haben. Aber auch die Befunde wurden mir genauso wie meine Pferde „sagten“ von der Klinik bestätigt. Das Pferd selbst kann immer noch am besten „sagen“, wo es zwickt, was es stört, aber auch was ihm gefällt oder gut bekommt.

Liebevolle Fachleute werden gerne helfen, die Verständigungsprobleme, zwischen Ihnen und Ihrem Pferd, zu erkennen und zu heilen bzw. zu beseitigen.

Sie werden schnell merken, ob sie den richtigen Weg eingeschlagen haben, da Tiere im „Hier und Jetzt“ leben und eigentlich sofort zeigen, (wenn wir es zulassen) ob sie zufrieden und schmerzfrei sind. Außerdem sind Pferde zum Glück nicht nachtragend.

Jedoch verbinden Pferde sehr stark Orte, Personen und Gegebenheiten mit Schmerzen. Dies kann sogar ein eigentlich schmerzfreies Pferd manchmal zum Lahmen bringen, da ihr Schmerzgedächtnis diesen Ort, eine Person oder die aktuelle Situation als schmerzvoll in Erinnerung ruft.

Um meiner Tierärztin zu zeigen, dass mein Isländer „Paul“ (eigentlich eine Stute namens „Soley“ (aber da sie nur wenige weibliche Züge hat, liebevoll Paul oder Islandpaule genannt) nach der chiropraktischen Rückenbehandlung fast lahmfrei ging, mussten wir ihn filmen. Dieser lief, genau wie vor der chiropraktischen Behandlung, keinen einzigen Schritt und nahm sofort eine Schmerzhaltung (die sehr einer „Hufrehe-Schonhaltung“ glich) ein, sobald sich die Tierärztin vor Ort über die erfolgreiche Behandlung überzeugen wollte. Vor und nach ihrem Erscheinen rannte er buckelnd über die Wiese.

Pferde merken allerdings auch sehr schnell, welcher Mensch oder Therapeut es gut mit ihm meint und ihm wirklich helfen kann. Deshalb sollte man während der Behandlung auch auf sein Pferd achten:

Wird es ruhiger und entspannter, oder regt es sich immer mehr auf und wirkt angespannt.

Bei unseren Pferden merke ich schon die Stimmung, wenn ich sie in Anwesenheit eines Therapeuten einfange. Bei manchen Menschen drängeln sich sogar die anderen Pferde dazwischen oder „springen“ uns ins Halfter, da sie auch behandelt werden wollen. Dieses Phänomen ist bei meinen Pferden besonders ausgeprägt, wenn Sabine (Akupunktmassage) meine Wiesen betritt. Es bilden sich förmlich Warteschlangen und wir müssen die Pferde die im Rang am höchsten stehen zu erst behandeln, oder diese festhalten, damit sie nicht bei der Behandlung stören, während die Pferde die behandelt werden auch ohne Halfter die Behandlung genießen.

Bei einem unserer Gesundheitstage, bei dem 60 Pferde zur Behandlung erschienen waren, fiel auch die sehr positive Stimmung auf. Trotz der teilweise großen Bedenken einiger Besitzer, ihr „wildes“ Pferd zwischen so vielen Pferden und Menschen behandeln zu lassen, ließen sich die Pferde von dieser ruhigen und Vertrauens erweckenden Stimmung anstecken.

Allerdings muss ich erwähnen, dass nicht nur wir, sondern auch die zur Zahnbehandlung sedierten Pferde,  eine sehr beruhigende Wirkung auf die anderen Patienten hatten.

Was wir als Pferdbesitzer tun können

Wir Pferdebesitzer sind aber nicht nur bei unserer Anwesenheit und beim Reiten für diese wundervollen Tiere verantwortlich. Da wir leider nicht Tag und Nacht bei unseren Tieren sein können, sollten wir dafür sorgen, dass die uns anvertrauten Tiere auch in unserer Abwesenheit - die ja den größten Teil des Tages ausmacht - glücklich sind.

Die Pferdefreizeit ist auch für jedes Tier individuell zu gestalten. Es einfach in einer Box abzustellen, wo fremde Menschen ihnen das Futter reichen, ist vielleicht ein bequemer, manchmal aber ein teurer Weg, der die Pferde in der Regel nicht glücklich macht und motiviert, sondern meistens physisch und psychisch krank macht.

Manche Pferde scheinen schon glücklich zu sein, wenn sie mit Artgenossen auf der Wiese rumtollen dürfen oder einfach nur grasen und an einem schattigen Plätzchen dösen können. Anderen reicht das wiederum nicht zum glücklich sein, da sie sich auf Dauer langweilen. Hier ist dann wieder die Kreativität  seines Pferdemenschen gefragt.

Vielleicht kann man den Pferden ja schon helfen, indem man gleichaltrige Pferde mit dem gleichem Spielbedürfnis zusammenstellt oder nach einer liebevollen Reit- und Spielbeteiligung Ausschau hält (wenn die eigene Zeit nicht ausreicht), die das Pferd „bespaßt“ (so drückt es unsere Henrike aus) und „bespielt“. Darüber können sie mehr im Kapitel Pferdehaltung, die wir für „artgerecht“ halten, lesen.

Wir wünschen uns, dass sie durch unseren kleinen Ratgeber mehr Spaß mit ihrem Pferd und ihr Pferd mit Ihnen haben wird, und beide eine glückliche Einheit werden!

 

„Artgerechte“ Pferdehaltung

Man kann nicht eine komplette „Art“ gleich halten und davon ausgehen, dass jedes Pferd mit dieser Haltung glücklich ist, da jedes Pferd ein Individuum ist. Zum Glück fühlt sich ja auch nicht jeder Mensch an dem gleichen Ort und mit den gleichen Menschen wohl.

Wir können hier nur einige Tipps geben, um die Pferdefreizeit etwas netter zu gestalten. Wie sie für ihren Schützling entscheiden, hängt von ihrem Pferd und ihren Möglichkeiten ab.

Das Pferd, ein Herdentier

Das vermutlich wichtigste Thema ihres Pferdes ist eine Unterbringung mit Artgenossen. Ein Pferd ist nun mal ein Herdentier.

In der Herde beschäftigen und erziehen sich die Pferde gegenseitig. Besonders jungen Pferden bekommen etwas Erziehung von älteren erfahrenen Pferden und die Ruhe dieser Mitbewohner sehr gut. Je größer eine Herde und der Platz zum Spielen ist, desto mehr bewegen sich die Pferde von alleine. Meistens bilden sich innerhalb der Herde kleine Gruppen oder Paare, die sich besonders gut verstehen. Ich schaue sehr gerne zu, wie sich die Pferde untereinander verhalten. Ich finde, da kann man als Mensch sehr viel lernen.

Ein Pferd braucht unbedingt das Schutzgefühl der Herde um zufrieden zu sein und entspannen zu können. Als Beutetier wird es nur schwerlich und selten in die Tiefschlafphase kommen, wenn es keinen Aufpasser um sich weiß.

Dies stellt sogar in der Boxenhaltung ein großes Problem dar, wenn dem Pferd kein Sichtkontakt beim Liegen mit dem Boxennachbar möglich ist. Aufnahmen mit Überwachungskameras bestätigen, dass Pferde immer wieder aufspringen und nachsehen, ob der Nachbar wohl noch aufpasst.

Meine Stute „Frau Ferry“ riss mich vor der Geburt ihres Fohlens „Dannecker“ immer wieder aus dem Schlaf, weil der Geburtsmelder (der normalerweise auf die Wehen reagiert und Schlafen und Wälzen ignoriert) ansprang. Ich hatte die Stute nachts in eine Box gesperrt, damit sie „in Ruhe“ ihr Fohlen zur Welt bringen konnte - so dachte ich. Sie aber schaute dauernd nach, ob ihre Freundin „Soley“ (bzw. halt der „Paul“) noch da ist, was der Geburtsmelder als Wehe deutete. Als ich die Fenster zum angrenzenden Auslauf öffnete, sodass „Soley“ in die Box schauen konnte, war sofort Ruhe und „Frau Ferry“ und auch ich konnten im Schlaf Kraft sammeln für die anstehende Geburt.

In der Gruppenauslaufhaltung muss man die Gruppe so sensibel zusammenstellen, dass auch das rangniedrigste Pferd Platz und „Mut“ hat sich hinzulegen.

Jeder weiß, dass Schlaf für die Erholung von Körper und Geist sehr wichtig (überlebenswichtig) für alle Lebewesen ist. Schlafentzug wurde von uns Menschen für andere Menschen sogar als Foltermethode eingesetzt. Diese Zeiten sind hoffentlich vorbei.

Ein entspanntes und ausgeschlafenes Pferd zu reiten, ist bestimmt einfacher, als ein unausgeschlafenes „Nervenbündel“.

Ein Tierarzt, mit dem wir uns über die Problematik von unphysiologischer Hufstellung unterhielten, wies uns darauf hin, dass Pferde, die zu hohe Trachten haben (also zu steil stehen), im Stehen nicht schlafen und entspannen können, weil sie die Schultermuskulatur anspannen müssen, um die Fesseln zum Ausgleich der verstellten Hufe hochzuhalten. Ein Pferd mit physiologischer Hufstellung braucht beim Stehen keine aktive Muskelanspannung, und kann so, ohne umzufallen, schlafen und dösen.

Pferde, die es sich aussuchen können, stehen (unter anderem wegen des Schlafverhaltens im Stehen), lieber auf ebenen, festen Untergrund, weil sie sich dort nicht dauernd ausbalancieren müssen und natürlich eine schnellere Flucht möglich ist. In Boxenhaltung, auf weicher und unebener Einstreu, ist weder Flucht noch Entspannung möglich.

Muss das Lauftier Pferd, trotz negativer Auswirkung auf Psyche und Gesundheit (z.B. Beinprobleme, Hufkrankheiten, Atemwegserkrankungen, Verdauungsprobleme, Rückenbeschwerden, Stoffwechselstörungen, Muskulaturabbau, Verhaltensauffälligkeiten wie etwa Koppen oder Weben) den größten Teil seines Lebens in der Box – heißt übersetzt Schachtel – verbringen, sollte diese so groß sein, dass auch ein großes Pferd wirklich ausgestreckt liegen kann.

Dies ist sehr wichtig, weil eine Tiefschlafphase nur im ausgestreckten Zustand erreicht werden kann, und das Pferd seine Beine in einer zu kleinen Box ständig beugen muss, was einer permanenten Beugeprobe nahe kommt und die Durchblutung stark beeinträchtigt. Außerdem muss sich das Pferd in einer geräumigen Box nicht nur auf der Stelle drehen, welches sich durch die Scherbewegung negativ auf die Gelenke auswirkt.

Pferde begrüßen es sehr, wenn die Box ein Fenster hat und sie etwas am Geschehen und der frischen Luft teilhaben können. Die Boxenwand zum Nachbarpferd sollte nur so hoch sein, dass die Pferde sozialen Kontakt pflegen können.

Dies setzt jedoch voraus, dass Harmonie zwischen den Nachbarn herrscht, und sich jedes Pferd vor Attacken zurückziehen kann. Es versteht sich von selbst, dass das Futter außerhalb der Reichweite des Nachbarn gereicht wird. Die Möglichkeit das Geschehen auf der Stallgasse zu beobachten, finden die Pferde auch sehr spannend und sie müssen nicht so erschrecken, wenn plötzlich ETWAS an der Box auftaucht.

Mit Ausblick können die Pferde schon von weitem erkennen, dass keine Gefahr von dem ETWAS ausgeht.

Seit diesem Jahr beschäftigen wir uns auch mit Raumbiologie, weil durch eine Cluster-Analyse bei meinem Pony „Nutella“ unter anderem herausgekommen ist, dass unter ihren  Schlafplatz eine Wasserader verläuft. Da meine Pferde sich eigentlich ihre Schlafplätze aussuchen können, ist dies zwar bedenklich und muss geändert werden, aber ein größeres Problem entsteht, wenn Pferde in Boxenhaltung fast ständig so einem Störfeld ausgesetzt sind.

Man sollte also bei Boxenhaltung sehr auf einen raumbiologisch einwandfreien Standort achten oder die Störfelder beseitigen lassen. Mehr zu diesem Thema in unserem nächsten Ratgeber.

Die Fütterung und Beschäftigung unserer Pferde

Eine weitere wichtige Sache im Leben des Pferdes ist das Fressen. Pferde haben ihren ganzen Körper, insbesondere ihr Verdauungssystem auf beinah permanente Nahrungsaufnahme vom Boden eingestellt. Heuraufen und Krippen, wenn überhaupt nötig, sollten nicht zu hoch aufgehangen werden, da das physiologische Fressverhalten der Pferde die Nahrungsaufnahme vom Boden ist. Die unphysiologische Nahrungsaufnahme führt zu diversen Schädigungen, u. a. ungleichmäßige Abnutzung der Zähne, Muskelverspannungen (auch durch Fressen im Stehen und nicht im Laufen) und Rückenprobleme.

Wahrscheinlich treten Magengeschwüre, die in letzter Zeit immer mehr diskutiert werden, häufiger bei Pferden auf, die sich nicht permanent mit Raufutter oder Gras beschäftigen dürfen. Eine Unterversorgung bedeutet nicht nur „Übersäuerung“ sondern auch Stress für das Pferd, da sie in der ihrer natürlichen Umgebung etwa zehn Rohfasermahlzeiten zu sich nehmen und ein stark ausgeprägtes Kaubedürfnis haben.

Um überhaupt irgendetwas in den Magen zu bekommen, fangen Pferde oft an, sogar gestrichenes Holz, zu benagen. Dies kann man einfach unterbinden, indem man den Pferden ungiftige und frische Äste (z.B. von Birken und Obstbäumen) zur Verfügung stellt. Das macht nicht dick, beschäftigt eine ganze Weile, stellt wichtige Nährstoffe anstatt giftiger Holzschutzmittel zur Verfügung und schont noch dazu den Geldbeutel, da man nicht ständig „renovieren“ muss.

Wer Heu als Raufutter mit Stroh ergänzen möchte, sollte unbedingt darauf achten, dass dieses so wenig oder noch besser überhaupt nicht gespritzt ist. Einer unserer Tierheilpraktiker (Herr Klaiber, leider 2009 verstorben) machte vor allem das häufig gespritzte Weizenstroh für die verbreiteten Nierenprobleme verantwortlich.

Wir stellen unseren Pferden permanent Heu aus engmaschigen Heunetzen zur Verfügung. Dadurch können die Pferde nicht so schlingen (die Menge und Zeit der Futteraufnahme kommt der in Freiheit lebenden Pferden sehr nahe) und man hat deutlich weniger Futterverlust durch Verschmutzung.

Atemwegserkrankten Pferden kommt diese Art der Fütterung auch entgegen, da sie nur einzelne Halme rauszupfen können und dadurch kaum mit Staub in Berührung kommen.

Man kann gefüllte Heunetze außerdem sehr einfach in einen Wasserbottich tränken.

Beim Anbringen der Heunetze sollte man darauf achten, dass diese nicht zu hoch (fressen in Bodenhöhe) aber auch nicht so tief hängen, dass sie im leeren Zustand den Boden berühren. Wir machen beim befülltem Heunetz einen Knoten in die Schnur direkt über dem Netz, damit kein Pferd in das Netz hineintreten kann. Außerdem sind unsere Netze so engmaschig, dass sich auch kein Fohlenhuf darin verfängt.

Um Stress durch Futterneid entgegenzuwirken, sollte man mindestens die gleiche Anzahl von Heunetzen anbringen, wie Pferde in einem Auslauf stehen. Diese sollten so weit wie möglich auseinander hängen, damit jedes Pferd in Ruhe speisen kann. Etwas mehr Bewegung kommt dadurch auch ins Spiel, da man als Pferdchen ja doch immer mal nachschauen muss, ob das Heu des Mitbewohners nicht doch besser schmeckt. 

Unsere Pferde erhalten auch auf der Wiese Heu, da unser Gras nicht genug Rohfaser enthält, um Pferde satt zu machen. Das bekommt vor allem den scheinbar dicken Pferden - eigentlich handelt es sich meist Wasseransammlungen anstatt Fett - sehr gut, da sich Heu nicht so auf den „Hüften“ breit macht, wie das von Pferden so geliebte frische, kurze und fruktanhaltige Gras. Nach unserer Erfahrung dauert es allerdings manchmal zwei Jahre bis sich ein Pferd auf die natürliche kontinuierliche, nicht dosierte Nahrungsaufnahme eingestellt hat. Diese lange Zeit dauert es aber nur bei Pferden, die sehr lange gehungert haben.  Sowohl der Kopf als auch der Körper, hier vor allem der Stoffwechsel braucht diese Zeit der Umstellung, da muss der Besitzer schon etwas Geduld zeigen und sein Pferd durch Bewegung statt Futterentzug in „Form“ halten. Abgesehen von vielen Vorteilen der permanenten Heufütterung,  entfällt auch die Umstellung von Gras auf Heu und dies kann wiederum Koliken und  Durchfall vermeiden.

Wenn man gutes Heu reicht, wird dieses Angebot auch auf der „frischen“ Wiese, gerne von fast allen Pferden angenommen. Die Pferde merken selber, dass es ihnen gut bekommt. Am Anfang der Weidesaison greifen wir manchmal auf Luzerne zurück, die wurde von keinem unserer Pferde abgelehnt.

Auf der Wiese ist ein Unterstand, der auch für das rangniedrigste Pferd begehbar sein muss, unerlässlich. Sehr von Vorteil ist ein Gebäude, das zwei Türen besitzt, damit jedes Herdenmitglied das Gefühl hat flüchten zu können und nicht in eine Ecke gedrängelt werden kann.

An meinen Pferden habe ich festgestellt, dass meine Weidehütten fast ausschließlich im Sommer und Frühjahr als Mückenschutz genutzt werden. Die Pferde verlassen an den mückenreichen Tagen nur zur Futtergabe ihre Behausung. Deshalb biete ich zu dieser Zeit Heu in der Hütte an. Zum Grasen gehen die Pferde meist in der Dämmerung raus, da sie zu dieser Zeit sowieso wach sein müssen, weil man Gefahren ja nicht schon von weitem sehen kann. In der Dunkelheit ist der Fruktangehalt im Gras geringer, was nicht nur für Rehe-Pferde gesünder ist.

Besonders wenn man Ekzemer oder Rehe-Kandidaten betreut, und keinen Weideunterstand zur Verfügung hat, sollte man diese, aus den beschriebenen Gründen, nur nachts auf die Weide bringen.

Im Winter betreten meine Pferde die Hütten sehr selten, was für mich den Vorteil hat, dass ich nicht so oft misten muss.

Auch wenn es regnet, schneit oder stürmt fühlen sie sich auf der Weide sicherer und wohler als in der Hütte. Durch ihr dichtes Fell trotzen sie dem Wetter und trainieren draußen ihre Thermoregulierung. Sie brauchen kein warmes, kuscheliges Plätzchen vorm Kamin, oder eine dicke Decke, in die wir felllosen Menschen uns gerne kuscheln. Sie stellen einfach ihr Fell auf und sind so gut isoliert, dass sogar der Schnee auf ihrem Rücken nicht schmilzt. Eine Pferdedecke verhindert das Aufstellen des Fells, der Schnee würde schmelzen und das Pferd frieren. Vorteile bringen Pferdedecken hauptsächlich uns Reitsportartikelverkäufern in der Kasse.

Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel, auch wir decken zeitweise Pferde mit Problemen ein. Dabei achten wir auf absolute Wasserdichtigkeit sowie optimale Passform. Außerdem sind Fliegen- und Ekzemerdecken ein sehr gutes und ungiftiges Hilfsmittel zur Insektenabwehr.

Wir stellen unseren Pferden das Wasser aus lebensmittelechten Bottichen zur Verfügung. Pferde tauchen beim Trinken gerne etwas mit dem Maul ein und nehmen tiefe, große Schlücke. Bei den üblichen Selbsttränken und Fassanbautränken läuft das Wasser hierfür zu langsam und behindert das natürliche Eintauchverhalten. Oft trinken Pferde dadurch zu wenig. Wenn man nur Selbsttränken zur Verfügung hat, sollten diese auf jeden Fall schnell laufen und durch leichten Druck zu bedienen sein. Schwimmertränken ermöglichen das Eintauchen auch.

Wegen der Verletzungsgefahr stellen wir die Weidefässer außerhalb der Weide auf und haben sie mit Wasserhähnen und Schläuchen ausgestattet. So kann man beim Füttern die Bottiche befüllen, sieht ob die Pferde genug Wasser zu sich genommen oder ob es verschmutzt ist. Außerdem kommen beim Auswechseln der Weidefässer schnelle Pferde nicht mehr abhanden.

Im Auslauf haben wir zwar einen frostsicheren Tank mit Selbsttränke, der wird aber von unserer Pferdebande komplett gemieden, wenn Wasserbottiche aufgestellt sind. Da wir als Hufwasserbad einen Kunststoffwassergraben aufgestellt haben, müssen wir Wasser aus Bottichen anbieten, da sonst auch gerne der Wassergraben leer getrunken wird.

Als sehr pflegeleicht und günstig hat sich im Auslauf und vor den Weidehütten Kalkschotter erwiesen. Sand haben wir aus unserem Auslauf entfernt, da er sehr schlecht sauber zu halten war und die Pferde zuviel Sand beim Fressen aufgenommen hatten. Diesen haben wir mit Flohsamen wieder nach draußen befördert.

Weil sich Pferde sehr gerne im Sand wälzen, legen sie sich auf kleinen Ausläufen schnell fest. Sollte nicht genug Platz für einen sicheren Wälzplatz sein, kann man den Pferden auf dem Reitplatz oder auf der Wiese dieses Vergnügen zu gönnen. Über dieses Angebot wird  sich bestimmt jedes Pferd freuen nicht nur, wenn das verschwitzte Fell juckt. Wälzen ist  für die Gesunderhaltung des Pferdes (u.a. Mobilisierung des Rückens, der Muskeln, des Stoffwechsel, der Haut, Förderung der Durchblutung, Unterstützung des Fellwechsel) sehr nützlich!

Weitere Vorteile des Kalkschotters sindaußerdem, dass die Hufe sich nicht abschmirgeln, was leicht bei falsch gewähltem Sand passiert, und sich die Hufe an harten Untergrund gewöhnen können. Das Pferd kann die Hufe für verschiedene Untergründe ohne Reitergewicht trainieren. Wenn man im Gelände auf Teer und Schotter trifft, werden diese Pferde auch ohne Hufschuhe weniger fühlig reagieren als die Pferde, die nur auf weichem Boden gehalten werden.

Durch die Struktur des Kalkschotters werden die Hufe massiert und das Hornwachstum angeregt.

Weil der Kalkschotterplatz eine ziemlich ebene Oberfläche hat, können die Pferde auch hier ohne sich ausbalancieren zu müssen, stehen. Auch im Winter bleibt er trittsicher was wiederum der Sicherheit dient. (Unsere Erfahrungen beziehen sich ausschließlich auf unbeschlagene Pferde!)

Auf so einem Boden können wir jetzt endlich unsere Spielbälle einsetzen aus denen Leckerlis oder Heucobs fallen, wenn man (oder besser noch: das Pferd) sie über den Boden rollt. Dies ist eine Möglichkeit die Pferde im langweiligen Auslauf etwas auf Trab zu halten und sie zu beschäftigen. Was man sonst noch so für Spielsachen zur Verfügung stellen kann, bleibt der Kreativität des Besitzers oder anderen Autoren überlassen. Auf jeden Fall sollte man die Spielsachen, um sie interessant zu halten, immer mal wieder entfernen. Das bringt außerdem den Vorteil mit sich, dass der Auslauf nicht einer Müllhalde gleicht, und sich andere Leute (falls ihnen das was ausmacht) nicht über sie lustig machen.

Es ist sehr schön, wenn sich Pferde im sicheren Auslauf oder in der Box mit verschiedenen Gegenständen (Luftballons, Plane, Regenschirme, Klappersack...) auseinandersetzen können, aber man sollte immer auf die Sicherheit der Vierbeiner achten. Mit manchen Gegenständen sollten sie nur unter Aufsicht spielen. So sollten Pferde mit dem Regenschirm nicht anderen Kollegen die Augen ausstechen, oder die Plane verschlucken...

Bevor wir unserer Pferde reinholen, spielen wir Ostern. Wir verstecken verschiedene Futtermittel (wie z.B. Möhren, Äpfel, das Mineralfutter und den Hafer), im Auslauf, oder packen sie sogar in Kartons. Das ist ein großer Spaß für die ganze Familie.

Etwas Musik beim Spielen, Reiten und auch Misten erfreut meist Pferde und ihre Menschen. Wobei der Musikgeschmack sehr unterschiedlich ausfällt. Aus Rücksicht zum Umfeld müssen man ja nicht ständig „Die Ärzte“, Hartrock oder Blasmusik hören. Wobei letzteres, meiner „Frau Ferry“ der guten alten Jagdzeiten wegen, sehr gut gefällt.

Wenn es manchmal auch den Anschein hat, dass ich Pferde vermenschliche, möchte ich klarstellen, dass ich damit nur zum Ausdruck bringen möchte, dass jedes Pferd für uns eine Persönlichkeit ist und seinen eigenen Charakter, seine Vorlieben und Schwächen hat. Wir bemühen uns sehr, dass jedes Pferd dies auch ausleben darf, soweit es damit nicht sich, anderen Pferden oder Menschen schadet. Eine Vermenschlichung im Sinne der Einteilung der Pferde nach Charaktereigenschaften wie stur, böse, lieb und dergleichen, widerstrebt mir natürlich sehr. Mein Anliegen ist, dass die Pferde korrekt und möglichst artgerecht gehalten werden und ebenso mit ihnen umgegangen wird. Dabei dürfen keine menschlichen Maßstäbe angelegt werden. Allein schon die Wohlfühltemperatur eines Pferdes unterscheidet sich deutlich von der eines Menschen. Sie liegt einige Grad unter der menschlichen. Das ist nur ein kleiner Unterschied. Die Liste ließe sich noch lange fortführen, was aber hier nicht Inhalt des Buches sein soll, sondern vielmehr in anderen Fachbüchern nachgelesen werden kann.

Das Pferd, ein Steppentier

Die Evolutionsgeschichte von Mensch und Pferd ist sehr unterschiedlich verlaufen. So ist zum Beispiel der Mensch ein Höhlenbewohner und das Pferd ein Steppentier. Ich finde, dass es eine negative Vermenschlichung ist, wenn der Mensch, (Sesshaft/Raubtier) sein Pferd (Wandertier/Beutetier) in Decken verpackt, und in seine Höhle bzw. Box einsperrt. In der Natur würde kein Pferd auf die Idee kommen, sich in einer Höhle zu verstecken. Das (Fluchttier) Pferd würde seine schnellen Beine benutzen und wegrennen.

Als letzen Ausweg, wenn es keine Fluchtmöglichkeit mehr sieht, benutzt das Pferd gegen seine „Gegner“ Hufe und Zähne. Dessen sollten sich besonders Menschen (Jäger/Sammler) bewusst sein, wenn sie von einem scheinbar „aggressiven“ Pferd angegriffen werden!

Dass Pferde, mit ihrem kleinen Magen und langem Darm, als Pflanzenfresser viel länger für die Nahrungsaufnahme brauchen als wir Menschen (Allesfresser mit teilweise großem Magen, die öfters gern einmal Kalorienbomben zu sich nehmen) ist ja bereits ausreichend diskutiert wurden.

Wir Menschen haben auch einen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus, den wir unseren Pferden, mehr oder weniger bewusst, aufdrücken. Wenn wir unsere Pferde auf der Weide haben, und uns weniger mit ihnen beschäftigen, ziehen sie es meist vor, wie schon erwähnt,  am Tage zu dösen und in der Nacht zu fressen. Besonders im Frühling und Sommer ist dies Verhalten stark ausgeprägt. Sind die Pferde bei uns zu Hause, so ändert sich dieses Verhalten sofort. Dies können wir leider nicht abstellen, da unsere Kunden uns lieber am Tag besuchen, und wir damit das tägliche Brot für uns, und die Pferde verdienen müssen. Nachts schlafen wir halt lieber als mit den Pferden zu spielen.

 

Schmerzen

Das Durchschnittsalter des europäischen Pferdes liegt bei 5-8 Jahren. Das ist verwunderlich, bei unseren Möglichkeiten der medizinischen Betreuung unserer Pferde.

Bei dem heiklen Thema Schmerz ist der Besitzer besonders gefordert. Es gilt sachlich zu bleiben - besonders bei akuten Schmerzen - und zuerst die Ursache des Schmerzes zu finden und wenn möglich zu beseitigen.

Ohne die Ursache gefunden zu haben, ist es oft für den Organismus des Pferdes schädlich, ihm den Schmerz zu nehmen. Der Schmerz hat ja die sehr wichtige Aufgabe die betroffene Körperstelle zu schonen und somit zu schützen.

Es gilt auch, wie bei jeder Medikamentengabe, die Schmerzmittel (auf höchstmögliche Magenfreundlichkeit sollte geachtet werden) möglichst schonend für den Gesamtorganismus (Leber und Niere unterstützend) auszuleiten. Man kann auch homöopathische oder andere schonende Schmerzmittel einzusetzen. Gute Erfahrung haben wir auch bei der Schmerztherapie mit Akupunktur gemacht.

Jedem Pferd sollte es erlaubt sein Schmerzen zu zeigen.

In der Wildnis wäre das eventuell das Todesurteil, da zum Beispiel ein lahmendes Pferd die Aufmerksamkeit der Raubtiere stark auf sich ziehen würde. Aus diesem Grund sind Pferde wahre Künstler im Unterdrücken von Schmerzäußerungen. Das macht aber nun mal auch das Erkennen der Ursachen mancher Probleme nicht unbedingt einfacher.

Wir Pferdefreunde sollten aber versuchen, unseren Pferden klar zu machen, dass sie uns wenigstens so viel Vertrauen schenken können, dass wir nicht sofort, wenn sie Schmerzen oder Schwäche zeigen, über sie herfallen und sie aufessen.

Leider ist sehr oft zu sehen, dass nach kurzer Symptombehandlung und grober Suche nach der Ursache der Schmerzen viele Pferdebesitzer nicht mehr mit ansehen können, wie ihr Pferd leidet oder das Gerede der Stallkollegen satt haben, und sich von ihrem Pferd, welches sie ja so auch nicht nutzen können, trennen oder eine Schmerztherapie als Symptombehandlung anstreben.

Wenn ein Pferd lahmt, schont es sein Bein, um es vor schlimmeren Schädigungen zu schützen. Wenn man ihm zuerst die Schmerzen nimmt, ist es nicht nur umso schwieriger die wahre Ursache zu finden, es überlastet auch die geschädigte Stelle am Bein.

Außerdem ist fast jede Schmerztherapie von mehr oder weniger kurzer Dauer und hilft dem Pferd in der Regel nicht, wenn die Ursache nicht beseitigt wurde. Nur dem mitleidenden Besitzerauge ist erst einmal geholfen.

Aber wie sehr leidet wohl das Pferd, wenn es doch zum Glück in der Lage ist, die verbleibenden drei gesunden Beine zu benutzen? Leider kann man das Pferd nicht fragen, wie groß der Schmerz tatsächlich ist und ob es unter Dauerschmerzen leidet. Es sei denn, man lässt sich auf Tierkommunikation ein. Man kann aber versuchen das Pferd völlig objektiv zu beobachten um richtige Entscheidungen zu fällen.

Einem Menschen mit einem Beinproblem werden einfach Krücken in die Hand gegeben und gesagt, mit wie viel Kilo das betroffene Bein belastet werden darf. Das ist bei Pferden nicht möglich. Sie würden, wenn ihnen nur der Schmerz genommen wird, zwangsläufig das Bein überlasten und sich selbst auf Dauer schädigen.

Allgemeine Maßnahmen zur Heilung

Wenn man sich für das Auskurieren einer Krankheit entschieden hat, ist auch der Besitzer sehr gefragt. Ein krankes Pferd braucht besonders viel Aufmerksamkeit und Beschäftigung. Der Besitzer braucht gute Nerven um unter den unzähligen gut gemeinten Ratschlägen anderer Pferdefachleute, den richtigen Therapieweg für seinen Schützling durchzusetzen.

Oft werden Pferde mit Lahmheit einfach weggestellt, also „Boxenruhe“ angeordnet. Ich kann mir inzwischen fast nicht mehr vorstellen, dass ein Pferd in der Box gesund werden kann. Die Nachteile (schon beim gesunden Pferd) der Boxenhaltung wurden schon ausreichend diskutiert.

Beim Pferd ist Heilung stark auf Bewegung ausgelegt. Durch Bewegung werden die Selbstheilungskräfte und die Durchblutung, was ja bei jedem Heilungsprozess sehr wichtig ist,deutlich besser aktiviert als durch das Stehen. Die Pferde wissen dies und würden sich nicht stunden- oder tagelang auf eine unebene Fläche (müssen sich ständig ausbalancieren) stellen bzw. sich in einem kleinem Kreis (schädliche Scherbewegung) drehen. Dass Bewegung für den Heilungsprozess und gegen die Schmerzen wichtig ist, erkennt man auch daran, dass sich viele Pferde scheinbar „einlaufen“.

 

Wenn man Pferde nach einer Ruhephase wieder aus der Box nimmt, sind die meisten Pferde nicht mehr zu regulieren, da ja der Bewegungsdrang bei Lauftieren so stark ausgeprägt ist. Oft schädigen sie sich dann wieder selber, weil sie im Übereifer(Adrenalinschub) und voller Freude über etwas Bewegung ihre Schmerzen vergessen und sich überlasten. Außerdem ist der Gesamtorganismus schneller überlastet, da dieser durch die Ruhe geschwächt wird.

Ich habe meinem „Felix“ (inzwischen stolze 21 Jahre alt und fit) ein Jahr kontinuierliche, selbstbestimmte Bewegung in einem Offenstall mit Wiese gegönnt, nachdem ich ihn wegen wiederholter Sehnenschäden im Alter von 4 bis 6 Jahren klassisch und mit anschließender Boxenruhe behandelt hatte. Er ist anschließend mit seinem zwischenzeitlichen Besitzer S- Springen gegangen.

Wir Menschen bekommen auch Krankengymnastik verordnet, wenn wir Probleme mit unserem Bewegungsapparat haben. Man sagt ja auch „wer rastet der rostet“. Wir haben den Vorteil, dass wir uns, falls wir Bettruhe verordnet bekommen haben, mit Büchern, Fernsehen u.s.w. ablenken und beschäftigen können. Pferde in der Box zu beschäftigen ist etwas schwieriger. Etwas Langeweile kann man den Pferden mit engmaschigen Heunetzen und Ästen nehmen oder ihnen kleine Tricks beibringen und sie massieren und putzen. Auch ein Fenster mit spannender Aussicht kann etwas ablenken, aber die Psyche wird vermutlichtrotzdem leiden.

Da der Begriff Boxenruhe aus der Militärreiterei stammt, bedeutet Boxenruhe eigentlich mehr Bewegung, da kranke Pferde aus der Ständerhaltung genommen wurden und in riesige Laufställe zur Genesung „gestellt“ wurden.

Wir gehen mit unseren Beinpatienten, die inzwischen ohne Ausnahme im Paddock und auf der Wiese gehalten werden, möglichst oft spazieren und im Wasser planschen. Das kann auch uns nicht schaden. Anfangs war es für manche Dorfbewohner ein ungewöhnliches Bild, dass man nicht auf den Pferden sitzt und sie „nutzt“, sondern etwas für die Pferde macht, was ja für Hunde selbstverständlich ist.

Abgesehen davon kennen viele Leute keine lahmenden Pferde. Ob es an der oft verordneten Boxenruhe liegt oder ob es den Besitzern unangenehm ist, ihr krankes Pferd zu zeigen? Ob die Schmerzmittel so gut wirken, ob lahmende Pferde voreilig getötet werden?

Aber auch wenn die Lahmheitsursache von oben - dem Rücken oder Hals - kommt, ist viel Bewegung, ohne Gewicht und „Hilfs“zügel, angebracht. Die meisten Pferde mit Rückenproblemen wälzen sich sehr gerne und helfen sich damit selbst.

An dieser Stelle sollte kurz erwähnt sein, dass sehr häufig die Ursache für Schmerzen beim chronisch lahmenden Pferd nicht am Bein, sondern ganz unten im Huf oder aber ganz oben im Rücken zu suchen ist.

Huferkrankungen

Viele Pferdebesitzer versuchen bei Huferkrankungen ihrem Schützling die Schmerzen durch das Anbringen von Hufeisen zu nehmen. Hiermit kann man aber auch die Ursache nur selten beseitigen und den Huf heilen. Das Hufeisen verhindert den für den gesamten Organismus wichtigen Hufmechanismus. Somit wird die Durchblutung (was bei jedem Heilungsprozess sehr wichtig wäre) gemindert und das Schmerzempfinden herabgesetzt oder komplett abgeschaltet. Das Pferd überlastet somit wieder die erkrankten Stellen und die Schädigung wird wahrscheinlich noch größer. Weil aber Nervenbahnen sich neue Wege suchen, ist das Abschalten der Lahmheit durch einen Beschlag häufig nur von bestimmter Dauer.

Oft hört man auch die Aussage: „Mein Pferd kann ohne Eisen nicht laufen.“ Hier sollte man sich die Frage stellen, ob das Pferd nur auf bestimmten Untergründen (wie Schotter) nicht laufen kann, oder ob es tatsächlich so schwer erkrankt ist, dass es noch nicht einmal auf weichem Boden laufen kann. Wenn Pferde beim Laufen auf Schotter fühlig gehen, liegt es oft daran, dass die Hufe bei einer Haltung auf fast ausschließlich weichem Boden (Weide, Stroh, Späne, Sand etc.) nicht ausreichend abgehärtet und trainiert sind. Man sollte sich vor Augen führen, dass Hunde - trotz weicherer Ballen - selten eine Fühligkeit zeigen, da sie auf allen Arten von Böden laufen dürfen.

Wir beheben dieses Problem bei unseren Pferden, die noch nicht ausreichend auf hartem Boden trainiert wurden, indem wir bei längeren Ritten auf geschotterten Wegen Hufschuhe als Hufschutz anbringen.

Es gibt inzwischen eine gute Auswahl an Hufschuhen, die sehr gut sitzen und man als Reiter nicht mehr Gefahr läuft, die ganze gerittene Strecke noch einmal abgehen zu müssen, um seinen verloren gegangenen Hufschutz wieder zu finden, da sich dieser mitten im Ritt gelöst hat.

Ein gewisses Maß an Fühligkeit ist aber am gesunden, gut durchbluteten Huf normal. Wenn das Pferd den Untergrund spürt und nicht mit seinem ganzen Gewicht und teilweise des Reiters auf einen spitzen Stein tritt, dient das dem Schutz des Hufes. Mit einem Hufeisen kann es den Stein kaum fühlen und sich somit auch nicht schützen.

Ich erzähle gerne folgendes Beispiel: Wenn ich mir meine Hand betäube und diese in kochendes Wasser halte, bleibt die Verletzung die gleiche bzw. wird noch größer, da ich mich nicht schnell genug durch das Wegziehen des Armes schütze.

Sollte das Pferd so erkrankt sein, dass es wirklich nicht ohne Hufeisen laufen kann, sollte man sich nach dem Stellenwert seines Pferdes fragen. Gönnt man ihm die Zeit und die notwendige Behandlung um es gesund werden zu lassen oder will man es auf jeden Fall nutzen, auch wenn es zu Lasten der Gesundheit geht?

Rückenprobleme

Sehr viele Pferde deren Rückenproblem nicht auf einen Unfall zurückzuführen ist, haben ursächlich ein Problem mit unterschiedlich langen Hufen, Fehlstellungen oder zu hohen Trachten.

Sind die Huflängen der einzelnen Hufe unterschiedlich, kann der Rücken auch nicht gerade sein und Rückenprobleme sind vorprogrammiert. Sollten die Trachten zu hoch sein, muss das Pferd zwangsläufig (einfach ausgedrückt) die Schultermuskulatur anspannen und die Fesseln hoch halten. Solche Pferde erkennt man oft unter anderem an unphysiologischer und angespannter Schultermuskulatur, Unterhals und, wenn alle vier Hufe betroffen sind, an einem Senkrücken. Sollten nur die Hinterhufe zu steil stehen, scheint das Pferd wie hinten überbaut.

Wir vergleichen gerne zu steile Hufe mit Stöckelschuhen. Allein das Laufen auf Stöckelschuhen ist schon schwer und nicht gesundheitsfördernd. Man kann sich auch leicht vorstellen, wie schwierig es sein muss, wenn es auch noch gilt vier unterschiedlich hohe Stöckelschuhe zu koordinieren, und das Ganze wohl möglich noch beim Sport mit wackeligem Gewicht im Rücken.

Fehlstellungen an einem Huf wirken sich meist auch negativ auf den Rücken, Sehnen, Bänder und die Muskulatur aus.

Was wir gerne verdrängen, ist die Tatsache, dass wir auch Ursache für manche Schmerzen, die unsere Pferde erleiden, sein können.

Ich möchte dies nicht so negativ ausdrücken wie meine Mutter, die, schon als ich noch Kind war, zu mir sagte: „Alle Reiter sind Tierquäler.“ Dies tat sie, wenn sie Bilder zum Beispiel auf Turnieren sah, wo keine Harmonie mehr, selbst für einen einfühlsamen Laien erkennbar, zwischen Reiter und Pferd herrschte. Sie meinte nicht nur Reiter, die ihre Pferde schlugen, ihnen Sporen in den Bauch rammten oder offensichtlich im Maul rumzerrten. Sehr früh machte sie mich darauf aufmerksam, dass es den Anschein für sie hatte, dass nicht alle Pferde gern über Hindernisse springen, stundenlang einen manchmal zu schweren oder ungeschickten Reiter tragen wollen oder gar alleine in Boxen eingesperrt werden möchten.

Es ist sehr wichtig, zu erkennen, wann wir die Ursache für Schmerzen beim Pferd sind, denn oft verursachen wir auch unbewusst Schmerzen. Vor allem möchte ich da auf das Gebiss als Verursacher aufmerksam machen und diesem auch einen Platz in diesem ersten Ratgeber einräumen. Es ist vielen Reitern nicht bewusst, dass Pferde genauso empfindlich im Mund sind wie wir. Man schaut dem Pferd nur selten ins Maul und sieht die schmerzhaften Druckstellen, die sogar bei vorsichtiger Anwendung entstehen.

Außerdem machen sich auch wenig Reiter Gedanken, wenn sie ein Pferd eine ganze Reitstunde lang in einer angespannten Haltung reiten, bei Anfängern oft sogar mit Hilfszügeln erzwungen. Nur wenige Reiter finden das richtige Maß vom Anspannen der Muskulatur des Pferdes und der sehr wichtigen Entspannungsphase. Gerade untrainierte Pferde können eine Spannungsphase nur wenige Minuten aushalten. Schnell kommt es dabei zu schmerzhaften Muskelverspannungen. Wenn ein verspanntes Pferd seine Schmerzen äußert (z.B. durch Bocken, Kopfschlagen, Steigen, Steifheit, Hilfen nicht folgen, Rücken wegdrücken, hinter der Senkrechten gehen) wird es oft als stur und bockig dargestellt und oft dafür bestraft.

Dies ist ein weit verbreitetes Problem bei Dressurpferden, die auch oft besonders schreckhaft sein sollen. Vielleicht versuchen sie damit nur, sich für einen Moment frei zu machen. Springpferde werden über dem Sprung nicht festgehalten und können ihren Hals lang machen. Außerdem wird bei ihnen häufig über ein wenig Buckeln hinweggesehen und als Freudensprünge diagnostiziert. Western- und Freizeitpferde haben meist das Glück, keine „Rollkuren“ über sich ergehen lassen zu müssen.

Wenn Menschen sich trainieren, und Muskeln aufbauen wollen, wird auch großer Wert auf Anspannung und Entspannung der Muskeln gelegt. Ohne Entspannung ist auch beim Pferd kein Muskelaufbau möglich.

Es ist dem Pferd leicht anzusehen, ob der Reiter wirklich ausbalanciert sitzt, oder ob er durch einen verkrampften Sitz das Pferd blockiert oder sich sogar an den im Gebiss eingeschnallten Zügeln fest hält. Ein solches Pferd hat nicht die Möglichkeit, locker durch zu schwingen und wird einen verspannten Eindruck auf den Betrachter machen.

Sogar ein etwas schief sitzender Reiter kann dem Pferd, von dem wir verlangen sich gerade zu richten, Probleme machen. Oft sieht man, dass in diesem Fall der Sattel schief geworden ist, oder das Pferd sogar einseitig in der Sattellage Muskulatur abgebaut hat. Es ist schon schwer überhaupt unter Druck Muskeln aufzubauen, wenn das Pferd einseitig mehr belastet wird, muss es dies bei jedem Schritt unterm Reiter kompensieren, und die gequetschte Muskulatur baut sich ab. Sollte ein Sattel schief geworden sein, gilt es die Ursache zu finden: Wer war zuerst schief? – Das Pferd, der Reiter oder der Sattel.

Eine weitere Ursache für Schmerzen im Rückenbereich und das schief Ziehen des Sattelbaumes, beispielsweise durch das Aufsteigen ohne „Aufstieghilfe“. In Holland gilt dies als tierschutzwidrig. Außerdem ist es ein Unding von einem Pferd zu verlangen, dass es auf jeder Hand gleich gehen soll, und wir noch nicht einmal in der Lage sind, von der rechten Pferdeseite aufzusteigen oder die Gerte in beiden Händen zu halten.

Um Schmerzen und Erkrankungen vorzubeugen, ist die ausreichend lange und entspannte Aufwärmphase, vor allem beim Boxenpferd von großer Wichtigkeit. Bestimmt ist es für ein  Pferd und den Reiter etwas einfacher, sich ohne Reitergewicht, z.B. durch Bodenarbeit oder Spaziergängen, zu lockern. Dies bringt auch etwas Abwechslung in den Trainingsalltag.

Wir haben unseren Rückenpatienten mit Chiropraktik, Akupunktmassage (nach Penzel), Akupunktur, Homöopathie und in einigen massiven Fällen sogar mit einer speziellen Kissing-Spine-Behandlung geholfen.

Andere Ursachen für Schmerzen

Viele Leute verursachen den Pferden auch unbewusst Schmerzen, indem sie den Pferden nicht permanent Raufutter zur Verfügung stellen und somit das Pferd mehr oder weniger schlimme Magenschmerzen bekommt.

Für alle diese physischen Schmerzen und viele mehr, sind wir verantwortlich. Wir dürfen aber auch nicht die psychischen Schmerzen, für die wir mit der Haltung und dem Umgang des Pferdes verantwortlich sind, außer Acht lassen.

Was meinen Sie, ist wohl schlimmer für ein Pferd, ein vorübergehender Schmerz, wie beispielsweise durch einen groben Schlag mit der Gerte oder das Aufbrennen eines Brandzeichens, oder ist es unerträglicher für ein Pferd als Herdentier alleine zu sein, in eine Box eingesperrt zu sein oder als Sportgerät missbraucht zu werden. Das Letztere schließe ich bei Lesern dieses Ratgebers eigentlich aus.

Ich möchte noch anmerken, dass es auch superschlaue Pferde, wie unser ehemaliges Vereinspferd „Bernhard“, gibt. Dieser hat sich eine Zeit lang vor der Voltigierstunde gedrückt, indem er eine Lahmheit vortäuschte. Wir sind ihm schnell hinter die Schliche gekommen, da er frei und ohne Voltigiergurt lahmfrei lief. Inzwischen ist mir klar, dass er zwar keine Schmerzen direkt am Bein hatte, aber er seinen Unmut über eine Stunde ausgebunden, auf einer Hand, mit turnenden Kindern auf dem Rücken, in der staubigen Reithalle im Kreis zu laufen, zu Erkennen gab. Weil wir nicht sensibel genug hinsahen, bemerkten wir nicht, dass er wohl Schmerzen im Rücken, Hals und Maul hatte und Voltigieren total langweilig für ihn war. Er zeigte sich aber schlauer als wir und äußerte sich uns, mit einer auch für uns gut sichtbaren Lahmheit. Zum Glück war er so rücksichtsvoll, die Kinder nicht abzubuckeln, sondern sein Unwohlsein auf diese Art zu zeigen.

Wenn ihn jemand dafür geschlagen hätte, wäre er bestimmt auch lahmfrei gelaufen und hätte die anderen Schmerzen still ertragen. Wir haben ihm aber etwas mehr Abwechslung geboten, was bestimmt schon ein Schritt in die richtige Richtung war.

Viele Schmerzen lassen sich kostengünstig und ohne großen Aufwand vermeiden.

Wir möchten ein wenig dazu beitragen, dass die Reiter und Pferdehalter etwas sensibler mit den robust anmutenden Pferden und ihren subtil geäußerten Schmerzen und Gefühlen umgehen.

Pferde sind schließlich so sensibel, dass sie sogar eine Fliege, auf ihrem Fell sitzend, bemerken.

 

Ausrüstung

Sperriemen

Es dient in erster Linie der Gesunderhaltung des Pferdes, wenn es seine Schmerzen zeigen darf und die Ursache beseitigt wird, anstatt es mit dem Einsatz von Zwangsmitteln, und dadurch noch größeren Schmerzen, zum Verrichten seiner unnatürlichen, den kranken Körper schädigenden „Arbeit“ zu nötigen. Eigentlich ist dies selbstverständlich, wird aber nur selten praktiziert.

Es fängt schon damit an, dass fast jedes Reitpferd einen Sperrriemen trägt. Hiermit schnürt man dem Pferd das Maul zu, damit es den Anschein hat, der Reiter hätte eine feine Hand und das Gebiss wäre „weich“ (Eisen wird meist nur unter Hitze und bei Uri Geller weich). Mit einem Sperrriemen wird dem Pferd die Möglichkeit genommen, dem Schmerz auf den sehr empfindlichen Schleimhäuten abzumildern, indem es das Maul öffnet. Ein geöffnetes Maul könnte jeder (sogar ein Mensch der nichts mit Reiten zu tun hat und nur objektiv zuschaut) als „Schmerzäußerung“ verstehen. Man müsste aber seine eigenen Reitkünste in Frage stellen, was vermutlich dem Reiter „schmerzt“.

Außerdem beeinträchtigt der Sperrriemen auch die Atmung, was eigentlich beim Sport sehr hinderlich ist.

Unsere Isa wurde auf einem Turnier nicht nur komisch angeschaut, weil sie keinen Sperrriemen auf ihrem „Füchschen“ hatte, sondern sogar gefragt, ob dies überhaupt erlaubt sei. Es wird also als selbstverständlich angesehen, dass den Pferden das Maul zugebunden und somit das Flüstern untersagt wird.

Wie würde wohl ein Hund reagieren, wenn man ihm ein Stück Eisen ins Maul legt, die Schnauze zubindet, mit Hilfszügeln fixiert, ein wackeliges Gewicht auf den Rücken bindet, ihm in die Rippen tritt und mit einer Gerte zum Vorwärtsgehen motiviert?

Bitte nur vorstellen!!!!!!!!!!

Wahrscheinlich würde er sich ohne diese ganzen Hilfen und Hilfsmittel anmutiger, natürlicher und harmonischer bewegen.

Deshalb sollten wir beim Reiten besser darüber nachdenken, wie man sein Pferd am wenigsten stört, denn laufen und springen kann es ja bereits ohne den Menschen.

In unseren Reitsportgeschäften hat das kombinierte Reithalfter mit Sperrriemen das englische Reithalfter fast völlig ersetzt. Der Markt passt sich halt an... So sind auch Gerten das meist verkaufte Produkt in Europas Reitsportgeschäften.

Gerten

Natürlich kann man Gerten auch als wirkliche Hilfe einsetzen, aber es hat doch den Anschein, als müsse man das Pferd beherrschen und mit Gewalt unterwerfen.

Da uns Pferde aber kräftemäßig klar überlegen sind, sollten wir beim Reiten und im Umgang besser unseren Verstand als körperliche Kraft einsetzen und Vertrauen und Spaß aufbauen.

Wie man mit Köpfchen Pferde zur Mitarbeit motiviert, können Menschen in zahlreichen Büchern oder anderen Medien nachlesen. Unsere Pferde können nichts über das problematische und ihnen manchmal nicht verständliche Verhalten ihrer Menschen nachlesen. Sie reagieren einfach instinktiv auf  gegenwärtige Situationen.

Wenn ein Pferd also mit Verweigerung (nicht nur vorm Sprung) reagiert, wird es Angst, Schmerzen oder kein Vertrauen zum Reiter oder der Situation haben.

Gertenhiebe nehmen dem Pferd weder die Angst, noch die Schmerzen oder tragen zur Vertrauensbildung bei. Vielleicht versteht es auch nicht, was es tun soll. Dies passiert häufig, wenn der Reiter schon genau weiß, dass sein Pferd vor einer bestimmten Situation scheut oder blockiert ist (das Pferd springt nicht über einen Wassergraben, geht nicht auf den Hänger, scheut vor Regenschirmen...). Kann es da nicht sein, dass der Mensch genau vor Augen hat, wie das Pferd -  für ihn nicht richtig - reagiert.

„Hilfszügel“

Die oft bei jungen Pferden und Reitanfängern genutzten Hilfszügel stellen in den überwiegenden Fällen, vor allem bei unsachgemäßer Anwendung, keine wirkliche Hilfe für das Pferd dar. Pferde brauchen einen „freien“ Hals um sich auszubalancieren. Sehr häufig sieht man, dass Pferde durch Hilfszügel einen nicht wünschenswerten Unterhals entwickeln, das Nackenband anschwillt oder verletzt wird und sie den Rücken verspannt wegdrücken.

Völlig tabu sollte sein, dass man Pferde schon vor dem Lösen - womöglich noch auf der Stallgasse - mit Hilfszügeln fixiert. Wie soll ein Pferd da wirklich locker werden oder gar physiologische Muskulatur aufbauen??? Besonders junge, untrainierte und unausbalancierte Pferde können nur über Sekunden oder maximal Minuten in einer solchen Zwangshaltung verspannungs- bzw. schmerzfrei laufen. Nach einer Anspannungseinheit muss immer eine Entspannungsphase folgen. Nur so ist ein effektives Muskeltraining möglich.

Wenn man überhaupt Hilfszügel verwenden will, sollte man das Pferd so locker ausbinden, dass es die Stirnlinie wirklich vor die Senkrechte nehmen kann. Außerdem ist zu beachten, dass das Pferd starr am Gebiss ausgebunden ist - welche Schmerzen dies verursacht haben wir ja schon besprochen. Sollte das Pferd z. B. nur mal stolpern, sind Verletzungen im Maul bis hin zu Unterkieferbrüchen oder eingerissenen Zungen nicht auszuschließen.

Absolut tabu sind bei uns (zwischendurch auch mal von der FN verbotene, dann wieder zugelassene) Stoßzügel. In den Richtlinien der FN (Band 1) ist dieser in Verbindung mit einem einfach gebrochenen Gebiss und Longierbrille abgebildet. Da kann man in der Abbildung schon erkennen, wie diese Kombination die Kiefer knackt und das Gebiss nach oben aufstellt und sich in den weichen Gaumen rammt, wenn das Pferd einen Zug aufbaut. Da es ja immer bestrebt ist dem Druck und Schmerz zu weichen, müsste es das ja nach oben machen, obwohl es unten am Sattelgurt fixiert ist. Es findet dann oft den schmerzlindernden Ausweg nach unten nicht und wird wahrscheinlich panisch reagieren, eventuell auch schon mal steigen. Da dieser Hilfszügel oft bei Pferden mit Kindern auf dem Rücken angewendet wird, ist nicht auszudenken, was da alles passieren kann, vor allem wenn sich das Kind noch zusätzlich am Zügel festhält…

Mit Hilfszügeln das Unvermögen eines schlecht reitenden Menschen zu vertuschen halte ich auch absolut nicht für angemessen und fair dem Pferd gegenüber, da dieses das Unvermögen des Reiters im eigenen Maul ausgleichen muss. Wenn es einen Sperrriemen trägt, kann es das Maul nicht öffnen. Ist es auch noch „gefesselt“, kann es noch nicht mal mehr den Hals wegnehmen, um sich Erleichterung zu verschaffen.

Grundsätzlich ist also absolute Sorgfalt und Rücksicht beim Verwenden eines Hilfszügels gefragt.

Gebisse

Eigentlich wollten wir ja den Pferden nichts ins Maul legen, sondern sie flüstern lassen. Die Situation der Pferde ist aber so, dass wir sie meistens als Reit- oder Fahrpferde nutzen und fast jedes dieser Pferde ein Gebiss oder eine Kandare trägt, damit wir ihnen unsere gewünschten Wege und Lektionen zuflüstern (im Idealfall) können. Oft verursachen wir mit den Gebissen bewusst oder unbewusst den Pferden Schmerzen.

Wenn ein Reiter bewusst sein Pferd straft, indem er an den Zügeln zerrt, ist das nicht nur völlig kontraproduktiv, sondern auch schreckliche Tierquälerei.

Die Schleimhäute und die Zunge des Pferdes sind genauso empfindlich, wie die von uns Menschen. Schlecht sitzende Zahnprothesen und Zahnspangen verursachen uns nicht nur ein Fremdkörpergefühl, sondern auch solche Schmerzen, dass man kaum an etwas anderes denken kann, als diesen schmerzenden Fremdkörper wieder loszuwerden. Den Pferden wird es wohl nicht anders gehen, und sie werden sich in diesem Zustand kaum auf das Lernen konzentrieren können.

Damit sie ihrem Pferd nicht unbewusst Dauerschmerzen verursachen, sollten sie ganz besonderen Wert auf eine wirklich maulfreundliche Gebisswahl und Anpassung legen. Schenken sie der Gebisswahl mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie der Sattelanpassung.

Ein Sattel ist gepolstert und liegt „nur“ auf dem Pferderücken, während das Gebiss meist aus Eisen ist, und auf den sensiblen Schleimhäuten und der Zunge liegt.

Der Reiter sollte immer darauf bedacht sein, wenn das Pferd die für uns richtige Reaktion zeigt, den Druck so schnell wie möglich zu lösen. Es ist nicht so wichtig so schnell wie möglich das Pferd durch Druck zu korrigieren, sondern das Weichen des Drucks durch schnelles Aufheben des Drucks zu belohnen. Dies gilt nicht nur für Zügelhilfen, sondern für alle Hilfen vom Boden sowie beim Reiten....

Wenn die Kommunikation mit dem empfindsamen Pferdemaul nicht stimmt, kann sich das Pferd auf verschiedene Arten widersetzen bzw. schützen:

- Es versteckt sich vor der harten Hand oder dem schmerzenden Gebiss und geht hinter dem Zügel bzw. hinter der Senkrechten.

- Es geht gegen den Zügel und spannt dabei die Unterhalsmuskulatur an. Es gibt dem Druck nicht nach, sondern baut noch mehr Druck auf. Dabei kann das Pferd nie entspannen und der Reiter bekommt lediglich kräftige Oberarme.

- Manche Pferde lehnen sich ruckartig in die Zügel und reißen dem Reiter diese aus der Hand.

- Es läuft durch den Zügel und lässt sich nicht durchparieren.

- Es fällt über die Schulter und beschummelt dabei den Reiter, da es die Schulter nicht senkrecht hält, die Hinterhand nicht untersetzt und auf der Vorhand läuft.

- Es hat ein überaktives Maul. Dabei kaut es angespannt gegen das Gebiss, beißt sich auf dem Gebiss fest, reißt das Maul auf oder streckt die Zunge heraus.

Dies müssten Zeichen für den Reiter sein, ein weicheres Gebiss zu finden oder seine Zügelhilfen zu überprüfen, und nicht die Symptome durch zuschnüren mit Reithalftern zu bekämpfen.

„Zungenfehler“ des Pferdes sind meist Handfehler des Reiters oder Fehler bei der Gebisswahl.

Pferde versuchen so, ihre Zunge zu schützen, oder, wenn sie die Zunge über das Gebiss schieben, den Druck auf ihren Gaumen abzuschwächen. Gaumendruck entsteht häufig durch zu große oder zu dicke Mittelstücke beim doppelt gebrochenen Gebiss. Aber auch die Verbindungsringe beim doppelt gebrochenen und beim einfach gebrochenen Gebiss drücken an sich schon in den Gaumen. Beim Pferd liegt, wie bei uns, die Zunge direkt am Gaumen an. Deshalb ist eigentlich wenig Platz für das Gebiss. Wenn ein Pferd seinen Speichel abschlucken möchte, müsste es die Zunge anheben können. Dieser Vorgang wird aber sowohl durch den Sperrriemen als auch durch die Verbindungsringe des Gebisses verhindert.

Damit das Pferd den Speichel besser abschlucken kann und nicht mit einem scheinbaren „Sabberproblem“ beim Reiten kämpfen muss, hilft es, den Sperrriemen zu entfernen und Gebisse zu verwenden, die u.a. zum Schutz des Gaumens eine gut verarbeitete Rolle oder Kugel als Gelenk haben. Es sind Gebisse auf dem Markt, die nach vorne gewinkelt sind, damit der hintere Bereich der Zunge ungehindert angehoben werden kann und das Schlucken ermöglicht wird.

Wenn man dem Pferd das Schlucken erleichtert, wird es auch besser atmen und sich mehr auf das Reiten konzentrieren können. Außerdem verhindert man einen nicht unerheblichen Wasserverlust, was nicht nur im Distanzsport von großer Wichtigkeit ist. Im Moment wird der Zusammenhang des Speichelverlustes mit den leider weit verbreiteten Magengeschwüren diskutiert.

Das Gebiss sollte auch nicht zu dick sein. Ist ein Gebiss zu dick, kann das Pferd sein Maul nicht schließen. Dies hat unter anderem oft zur Folge, dass der Kieferknochen sich unter diesem Dauerdruck abbaut. Zu beobachten sind diese Verletzungen oft bei Pferden, die nicht nur zu dicke Gebisse tragen, sondern zusätzlich mit einem Sperrriemen daran gehindert werden, das Maul zu ihrer Erleichterung, etwas zu öffnen.

Der so genannte Nussknacker-Effekt kommt bei einfach sowie doppelt gebrochenen Gebissen schmerzhaft für das Pferd hinzu, wenn man die Zügel annimmt. Die äußeren Teile des Mundstücks klemmen dabei den Unterkiefer. Laut befreundeter Tierärzte und Pferdedentisten kommt es nicht selten vor, dass (meist in Verbindung mit „Hilfszügeln“ oder Hebelwirkung z.B. beimgebrochenen Pelham, Pessoa-Gebiss) Pferde mit Unterkieferbrüchen vorgestellt werden.

Bei einer annehmenden Hilfe mit einem einfach- oder doppeltgebrochenem Gebiss sollte man auch bedenken, dass sich das Mundstück von hinten nach vorne in den Oberkiefer drückt. Da das Pferd ja immer dem Druck weichen soll, muss es mit dem Kopf nach vorne weichen.

Diese schmerzlichen Effekte hat man bei einem Stangengebiss nicht, da diese hauptsächlich auf die Zunge und die Maulwinkel einwirken. Selbst, wenn ein Pferd auf den Zügel tritt oder ein ausgebundenes Pferd erschrickt oder stolpert, ist die Folge meist nur eine defekte Trense und kein gebrochener Kiefer.

Sollte ein gebrochenes Gebiss zu lang sein, schlägt es gegen die Schneidezähne. Dies passiert auch, wenn die Backenstücke zu lang eingeschnallt werden. Das Pferdemaul sollte ruhig ein oder zwei Falten werfen, damit wirklich die Backenstücke das Gebiss halten und nicht das Pferdmaul, denn dies würde Verspannungen  im Unterkieferbereich mit sich bringen.

Auf keinen Fall sollte man ein Pferd am Gebissring longieren (ausgenommen bei der Doppellongenarbeit). Dies bringt überhaupt keinen Nutzen für das Reiten und verursacht permanent eine sinnlose Hilfe, da man sie beim Reiten nie benutzt und teilweise auch noch sehr schmerzlich fürs Pferd ist. Besonders kontraproduktiv ist diese Art des Longierens beim jungen, meist auch noch unausbalancierten, Pferd. Manche Menschen meinen, Pferde so an das Gebiss gewöhnen zu können, aber das Pferd lernt nur, wie schmerzhaft ein Gebiss ist. Wir haben aber eigentlich doch das Ziel, dass das Pferd vertrauensvoll ans Gebiss heran tritt und auf feinste Hilfen reagiert. Es gibt als alternative gute und preiswerte Kappzäume, Knotenhalfter oder andere Hilfsmittel.

Am Gebiss auszubinden ist ebenso schlecht, da man sehr sensiblen Pferden beibringt, sich hinterm Zügel zu verkriechen, und wieder anderen Pferden lernt man, sich auf den Zügel zu legen.

Selbst das Führen mit einem gebrochenen Gebiss sollte umsichtig vonstatten gehen, da das Gebiss den Unterkiefer einklemmt, sich nach oben aufstellt und sich in den Gaumen drückt, wenn man am Zügel zieht. Oft sieht man auf Zuchtschauen, aber auch wenn ein Pferd nur so festgehalten wird, dass der „Führer“ permanent  - meist unbewusst - am Gebiss „zuppelt“. Bitte schauen sie sich dabei mal den Gesichtsausdruck des Pferdes an.

Wenn man das Pferd am gebrochenen Gebiss hinter sich her zieht, dreht sich das Gebiss zusätzlich auch noch und stößt noch mehr in den Gaumen.

Außerdem ist es eine Zumutung für die Pferde, wenn die Reiter (passiert nicht nur bei Anfängern) sich an den Zügeln festhalten, und die Pferde dieses in ihrem sehr sensiblen Maul ausgleichen bzw. aushalten müssen.

Wir wollen aber mit unserem Pferd harmonisch kommunizieren, d.h. flüstern, nicht mit Schmerzen gefügig machen.

Ein durchgehendes, panisches Pferd wird man nie mit einem noch so „scharfen“ Gebiss beruhigen und halten können. Im Gegenteil: Durch den Schmerz, den wir durch das Gebiss dann verursachen, wird das Pferd noch eher die Flucht ergreifen wollen!

Bei einer präzisen Kandare oder einem anatomisch geformten Myler-Gebiss wird beispielsweise der Wunsch des Reiters durch eine feine Hilfe sofort erfüllt, worauf stets ein sofortiges Nachgeben zur Belohnung folgen sollte, damit das Pferd die Zügelhilfen richtig versteht. Dies funktioniert mit dünnen, anatomischen bzw. präzisen Gebissen besser, da das Pferd keinen Dauerdruck bzw. Schmerz verspürt, wenn der Reiter die Zügel nicht mehr angenommen hat.

Wäre Ihnen ein dünner Bleistift im Mund nicht auch lieber als ein dicker Besenstiel?

Eigentlich ist also ein angeblich „scharfes“ Gebiss lediglich angenehmer und verständlicher für das Pferd, während ein vermeintlich „weiches“ Gebiss meist ungenau wirkt und nicht selten zu Schmerzen im Maul führt. Es ist aber völlig unsinnig, ein Pferd mittels Dauerdruck korrigieren zu wollen. Nimmt man den Druck dagegen weg, sobald es die richtige Reaktion zeigt, wird durch diese belohnende Erleichterung eine Lernsteigerung beim Pferd erreicht. Diese Art von Lernhilfe wirkt nicht nur unter dem Sattel, sondern auch jeder anderen Form der Hilfengebung.

Viele Reiter glauben, dünne Gebisse seien scharf und je dicker ein Gebiss ist, desto weicher sei es. Falsch! Für uns sind Messer scharf und Kopfkissen weich. Kein Gebiss ist so dünn wie ein Messer und so weich wie ein Kissen!

Warum denken die Leute ein Gebiss sei „scharf“? Wir glauben, dass es dem Pferd besser möglich ist, der präzisen Hilfe eines dünnen, nicht gebrochenen Gebisses zu folgen, während es die Hilfe eines dicken, doppelt gebrochenen oder diffusen Gebisses nicht versteht. Das dicke Gebiss übt einen Dauerdruck auf das Pferdemaul aus, dem das Pferd, was ja ständig lernen soll dem Druck, z.B. Schenkeldruck, zu weichen, eben nicht weichen kann. Deshalb reagiert es mit Gegendruck, das heißt es legt sich auf den Zügel. Dann begehen Reiter oft den Denkfehler, ihr Gebiss sei weich, nur weil sie einige Kilo auf der Hand liegen haben oder sich die Zügel bis hinter die Ohren ziehen können, ohne die gewünschte Reaktion beim Pferd zu erzielen. Das ist der Fall, wenn das Pferd dem Dauerdruck nach hinten ausweicht, also hinter dem Zügel läuft.

Im Fahrsport - auf Zügelhilfen stark angewiesen - arbeitet man fast ausschließlich mit präzisen Kandaren, die die Kiefer nicht knacken.

Auch wenn man z.B. in Zeitschriften oder bei Zeitlupen im Springreiten aufmerksam schaut, erkennt man unschwer am Gesichtsaudruck vieler Pferde, wie unglücklich sie mit Gebiss, „Hilfs“-zügeln, Reithalftern und Reiterhänden sind.

Leider macht es auf mich auch den Eindruck, dass man nicht oft genug ins Pferdemaul schaut. Aus Angst vor den Zähnen??? Unbekannte dunkle Höhle… Das Pferd würde sich sicherlich freuen, wenn der Reiter nachschaut, ob das Gebiss drückt oder der Tierarzt bzw. Dentist mal mit einem Maulgatter nachschaut, ob alles in Ordnung ist. Da Pferde fast den ganzen Tag kauen, ist es bestimmt unangenehm, wenn sie Verletzungen im Maul und / oder schlechte Zähne und scharfe Kanten haben. Wenn Pferde doch „Aua“ schreien könnten...

Myler-Gebisse: Ein Meilenstein in der Entwicklung von Pferdegebissen

In den Jahren 2003, 2004 und 2006 hatten wir jeweils ein Seminar mit dem Myler-Gebiss Designer Dale Myler (USA), dem Besitzer der Herstellerfirma Toklat (USA) und dem Besitzer der leider aufgelösten Firma Sagimex, sowie der Übersetzerin und noch heute stark engagierten, ehemaligen Mitarbeiterin der Firma Sagimex Miriam Haller, da wir uns seit vielen Jahren  intensiv mit der Anatomie des empfindlichen Pferdemauls beschäftigen.

Wir mussten feststellen, dass viele herkömmliche Gebisse für die relativ kleine Maulhöhle des Pferdes zu dick sind und/oder zu unpräzise wirken. Das führt nicht selten zu „Maulproblemen“ und Widersetzlichkeiten beim Reiten. Schaut man sich zum Beispiel Turnierfotos oder Zeitlupen vom Springreiten aufmerksam an, erkennt man, dass viele Pferde mit ihrem Gebiss unglücklich sind und sich zu wehren versuchen. Dem wird nicht selten mit enggeschnürten Reithalftern, “Hilfs“-Zügeln und harten Reiterhänden entgegengewirkt. Wenn Pferde „aua“ schreien könnten, wäre es sicher oft  laut auf unseren Turnier- und Abreitplätzen!

Unser Anliegen ist es, dass der Reiter mit seinem Pferd sanft kommuniziert, quasi Hilfen „flüstert“ und nicht durch Schmerzen gefügig macht. Auf der Suche nach geeigneten, pferdefreundlichen Gebissen stießen wir auf die Myler-Gebisse, deren innovative, anatomisch angepassten Mundstücke unmissverständlich wirken und dem Pferd erlauben, entspannt durchs Genick zu gehen. Auf diese Weise kann die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd wesentlich verbessert werden, wie wir aus zahlreichen Erfahrungen mit zufriedenen Kunden unseres Reitshops und noch zufriedeneren Pferden wissen.

Weil wir von dem ehemaligen Großhändler für Myler-Gebisse (hier kurz mit MG bezeichnet) aus Deutschland (ehemals Fa. Sagimex) gebeten wurden, diesen bei den Welt-Reiterspielen 2006 in Aachen zu vertreten, hatten wir die Gelegenheit, uns mit internationalen Profireitern und -fahrern sowie natürlich auch dem  englischen Großhändler von Myler-Gebissen (Belstane) auszutauschen, welche noch viel mehr Erfahrung mit Myler-Gebissen haben, weil diese – anders als bei uns – in Großbritannien sowie in vielen anderen Ländern für den Turniersport zugelassen sind. In  Deutschland verweigert die FN die Zulassung von Myler-Gebissen, da diese den vorgegebenen Mindestdurchmesser von 14 Millimetern nicht erfüllen. Der Hersteller wird  jedoch die Gebissstärke von 11 Millimetern nicht verändern, da die Maulhöhle des Pferdes  erwiesenermaßen nicht ausreichend Platz für dickere Gebisse bietet.

Zu beobachten war dort unter anderem, dass Pferde mit schmalen Westerngebissen (in den Westerndisziplinen sind auch Myler-Gebisse zugelassen) die Mäuler zufrieden schließen konnten, was den Dressurpferden mit Kandare und zusätzlicher Unterlegtrense nicht möglich war. Interessant ist außerdem, dass bei deutschen Westernturnieren die Höchstdicke von Gebissen früher der FN-Mindestdicke entsprach, der zur Verfügung stehende Raum im Pferdemaul aber naturgemäß immer gleich ist. Und im Fahrsport, bei dem man auf Zügelhilfen stärker angewiesen ist als beim Reiten, arbeitet man fast ausschließlich mit präzisen Kandaren, die die Kiefer nicht knacken.

Da wir uns, wie gesagt, vor allem im Vorfeld der Weltreiterspiele besonders intensiv mit den empfindlichen Pferdemäulern und im Zuge dessen mit den MG auseinander gesetzt haben, möchten wir die Vorteile dieser Gebisse erläutern.

Myler: Pferdefreundliche Gebisse mit System

Die Gebrüder Myler haben ein Gebiss-System entwickelt, das sowohl aus wissenschaftlicher Sicht als auch in der praktischen Umsetzung sinnvoll ist. Myler-Gebisse haben gegenüber herkömmlichen Mundstücken folgende entscheidende Vorteile:

- Sie sind nach vorne gewinkelt, um die Zunge im hinteren Bereich frei zu lassen. Dadurch ist es dem Pferd möglich, die Zunge zum Schlucken anzuheben. Wenn wir unsere Zunge mit dem Daumen komplett herunterdrücken, können wir auch nicht schlucken und müssen den sich ansammelnden Speichel ausspucken oder rauslaufen lassen (sabbern). Dass dies auch einem Pferd unangenehm ist, welches von Natur aus entweder frisst und schluckt oder läuft, dürfte einleuchten. Von Natur aus bringt kein Pferd ein „Sabberproblem“ mit sich. Es soll aber mit Gebiss nicht nur laufen, sondern dabei auch noch auf kleinste Zügelhilfen reagieren. Mit einem Myler-Gebiss hingegen kann das Pferd ungehindert abschlucken. Dies ist besonders im Distanzsport von großer Wichtigkeit, da hier der Flüssigkeitsverlust nicht unerheblich ist und das Pferd auch während des Wettbewerbs in der Lage sein muss, mit Gebiss zu saufen. Ist ein Pferd fähig, natürlich abzuschlucken, kann es auch besser atmen und sich voll auf die Hilfengebung des Reiters konzentrieren, statt damit beschäftigt zu sein, den angesammelten Speichel loszuwerden. Lässt man zudem Nasen- und Sperrriemen weg, wird dieser positive Effekt noch gesteigert.

Ein weiterer Vorteil der anatomisch nach vorne gewinkelten Form von Myler-Gebissen ist, dass man beim Annehmen des Gebisses nicht an die Backenzähne stößt. Vor allem bei Pferden mit großer Maulspalte passiert dies mit herkömmlichen Gebissen häufig. Einige Pferdedentisten, die dieses Problem erkannt haben, schleifen die vorderen Backenzähne für eine bessere Gebissaufnahme sogar extra ab bzw. schrägen sie an. Warum nicht lieber ein nach vorne gewinkeltes Gebiss verwenden?

- Die hochwertig verarbeitete breite Rolle, welche als Gelenk des Myler-Gebisses dient, verhindert den Gaumendruck und das Einklemmen der Zunge, während einfach und doppelt gebrochene Gebisse durch den Knickpunkt an den Verbindungsringen permanenten Druck auf den Gaumen ausüben und schon allein, wenn das Pferd nur kaut – sich das Gebiss also bewegt – die Zunge gezwickt wird. Will das Pferd die Zunge zum Schlucken anheben, drückt es den höchsten Punkt noch mehr in den Gaumen. Da dies wieder Schmerzen verursacht, vermeidet es dies und lässt den Speichel aus dem Maul laufen. Aus diesem Grund können Pferde auch nur schlecht oder gar nicht ihre Mäuler schließen, was man auf einigen Röntgenbildern gut erkennen kann. Die Rolle soll also so breit sein, dass sie den Druck auf der Zunge möglichst gut verteilt, darf aber auch nicht zu breit sein, da sich der Gaumen des Pferdes zur Mitte hin verjüngt, das heißt die Kuppel des Gaumendaches wird nach außen flacher. Das ist auch der Grund, warum viele Pferde mit doppelt gebrochenen Gebissen nicht klar kommen. Denn das Zwischenstück dieses Gebisses ist oft zu breit für den Gaumen. Spätestens, wenn man einseitig am Zügel „zieht“, stößt es innen schmerzhaft gegen den Gaumen.

Ein weiterer Vorzug der Myler-Rolle ist die unabhängige Seitenbeweglichkeit des Gebisses, das heißt, wenn man den Zügel einseitig annimmt, bleibt die Hilfe auch einseitig, was eine sehr präzise Hilfengebung möglich macht. Das ermöglicht dem Reiter, eine Seite zu isolieren und zum Beispiel nur eine Schulter für Biegungen oder Wendungen anzuheben. Außerdem ist das Knacken der Kiefer eingeschränkt und je nach Gebisswahl völlig aufgehoben.

Myler-Mundstücke berücksichtigen alle anatomischen Besonderheiten des Pferdemauls, in das selten einer reinschaut. Lassen Sie sich doch einmal bei der nächsten Zahnpflege das Gebiss Ihres Pferdes zeigen.

Unsere Dentistin und auch eine von uns bevorzugte Zahnklinik empfehlen aus vielen Beweggründen Myler-Gebisse, die sich dem hochempfindlichen Bereich „im Maul“ ideal anpassen und dem Pferd keine Schmerzen zufügen. Dass ein Pferd „hart“ im Maul wird, können wir uns schlecht vorstellen, da ja die stark durchbluteten Schleimhäute und die Nerven immer sensibel bleiben. Wenn bei uns Menschen eine Zahnprothese schlecht sitzt, verspüren wir ja auch immer den Schmerz.

Außen bieten Myler-Gebisse viele Möglichkeiten der Seitenteile. Wir bevorzugen z. B. die Knebeltrense. Diese sitzt am „stabilsten“ – gerade auch in der Bewegung – und drückt den Kopf auf einer großen Fläche herum, ohne dass sich der Gebissring (im Gegensatz zu durchlaufenden Ringen) in das Maul zieht oder die Lefzen einklemmt. Des Weiteren werden Olivenkopf- und D-Ringgebisse mit Ösen zum Fixieren der Backenstücke und Zügel angeboten. Wenn man das Backenstück und den Zügel fixiert, hat das den Vorteil, dass man einen sanften Druck – immer vorwärts abwärts – auf das Genick ausüben und in die Hilfengebung mit einbeziehen kann. Dies verstehen Pferde sehr gut, da sie an diese Hilfe vom Halfter her gewohnt sind, und das Genick vermutlich nicht so schmerzempfindlich ist wie das Pferdemaul. Außerdem verspürt das Pferd sofort keinen Druck mehr im Genick, wenn es in der richtigen Kopfhaltung nachgegeben hat. Die Fixierung erreicht aber keine echte Hebelwirkung, da hierfür eine Verlängerung in Form eines Schenkels wie zum Beispiel beim Pelham benötigt wird. Die Wirkung ist eher ähnlich der „Warendorfer Schlaufe“.

Mit fixiertem Zügel sind zudem noch präzisere Hilfen möglich, weil nicht erst der Zügel durch den Ring rutscht. So kann man beispielsweise Paraden/Arrets nicht nur rückwärts mit Wirkung auf die Laden durchführen, sondern auch aufwärts in Richtung Genick, um dieses aufzurichten und die Schultern anzuheben.

Bei Reitanfängern mit unruhigen Händen sollte man jedoch besser – wenn überhaupt schon mit Gebiss geritten werden kann – die Zügel nicht fixieren, damit sie am Ring gleiten können und nicht jede ungewollte Hilfe im Pferdemaul ankommt. Verwendet man D-Ringe oder Olivenkopfgebisse ohne Ösen, kann das Mundstück nicht verrutschen und man hat eine breite Auflagefläche für die Seitwärtshilfen. Außerdem klemmen sie die Maulwinkel nicht ein, wenn sie gut verarbeitet (nicht ausgeschlagen) sind wie bei Myler.

An vielen Myler-Gebissen findet man ein Loch für die Kinnkette, welches sehr weit oben angeordnet ist, damit sich die Tasthaare nicht darin verfangen. Die Kinnkette hält das Gebiss sehr ruhig im Maul, auch während der Bewegung. Außerdem bietet sie den Vorteil, dass sich eine Hilfengebung nach vorne - „Ganaschen öffnend“ - hinzunehmen lässt.

Es werden noch sehr viele andere Seitenteile angeboten, auf die wir hier nicht eingehen können. Natürlich gibt es auch Fahrkandaren, Pelhams und Westerngebisse mit verschieden langen Anzügen im bewährten System der Firma Myler.

Ein sehr interessantes und außergewöhnliches Gebiss ist das Myler-Kombinationsgebiss – eine Mischung aus Ring- bzw. Schenkeltrense und Hackamore –, bei dem alle relevanten Punkte am Kopf und im Maul zur Hilfengebung berücksichtigt werden können. Wie bei einer Dreiringtrense hat man die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Ringen zu wählen und dadurch die Wirkungsweise zu variieren.

Wenn man den untersten Ring wählt, gibt man in folgender Reihenfolge Hilfen:

1. Ganaschen öffnend durch die Kinnkette

2. Abwärts durch sanften Druck aufs Genick

3. Rückwärts durch sanften Druck des Nasenriemens

4. Maul durch verschiedene Gebisstypen

Auf das Maul wirkt man erst ein, wenn die Zügel sehr stark angenommen werden müssen. Ein integrierter Stopper (Metallanschlag) im Gebissring verhindert eine übermäßige Mauleinwirkung.

Wenn man den mittleren Ring wählt, ist man schneller am Gebiss, und beim obersten Ring reitet man nur mit Gebisshilfen. Schon oft konnten wir dieses Gebiss sehr erfolgreich jungen Pferden, Jagdpferden und sogar notorischen Durchgängern anpassen. Es scheint gerade bei panischen oder verdorbenen Pferden am verständlichsten zu sein, weil der Druck auf vier Zonen am Kopf und im Maul verteilt wird, anstatt sich wie bei herkömmlichen Gebissen hauptsächlich auf das Maul zu konzentrieren. Voraussetzung für diese pferdefreundliche Wirkung ist allerdings eine korrekte Verschnallung.

Gebisse individuell auswählen und korrekt anpassen

Myler teilt seine Gebisse in drei Stufen ein, die auf die unterschiedlichen Ausbildungsstände von Pferd und Reiter abgestimmt sind:

Die erste Stufe ist für junge Pferde und nicht so erfahrende Reiter, da sie wie einfach und doppelt gebrochene Gebisse hauptsächlich auf die Zunge einwirken und die Laden dadurch schonen.

Die zweite Stufe lässt der Zunge nach oben etwas Freiheit und bereitet die Laden auf den Druck vor. Mit Stufe-zwei-Gebissen konnten wir vielen Pferden helfen, die „Zungenfehler“ hatten. Unser meist verkauftes Gebiss ist das Stufe-zwei-Gebiss MS 04.

Beim Stufe-drei-Gebiss hat die Zunge völlige Freiheit, wodurch die Laden mehr mit einbezogen werden. Außerdem ist das Knacken komplett aufgehoben.

                                  

Damit Sie das ideale Gebiss für Ihr Pferd finden, sollten Sie sich ausführlich von Ihrem Myler-Händler beraten lassen. Wir geben unsere Gebisse zum Ausprobieren mit, da das Pferd noch am besten weiß, welches das geeignetste ist. Grundsätzlich sollte man das Pferd behutsam auf ein neues Gebiss vorbereiten und es evt. auch ohne Reiter ausprobieren lassen (vielleicht zuerst mit Trense nur laufen lassen). Wir empfehlen unseren Kunden die Gebisse vor dem Kauf ca. eine Woche zu testen. Viele Kunden schreckt der Preis etwas ab, aber diese exzellent verarbeiteten und durchdachten Gebisse halten ein Pferdeleben lang und machen sich durch zufriedenere Pferde, die im Training weiterkommen, bezahlt.

Generell haben wir festgestellt, dass Gebisse häufig zu locker verschnallt sind. Dies ist für das Pferd unangenehm, da das Gebiss dann gegen die Vorderzähne schlagen oder sich an den Hakenzähnen verhaken kann. Viele Pferde versuchen deshalb das Gebiss hochzuschieben und es „selbst zu tragen“. Dadurch verspannen sie den Kiefer und können nicht entspannt kauen. Bei einem anatomisch mit Zungenfreiheit nach vorne geformten Gebiss ist besonders auf eine korrekte Verschnallung zu achten (die üblichen zwei Falten sollen sich am Maulwinkel bei durchhängendem Zügel bilden).

Welches Gebissmaterial man wählt, ist zweitrangig. Viel wichtiger ist, auf eine geeignete Gebissform und eine exakte Anpassung zu achten, so dass das Gebiss dem Pferd keinerlei Schmerzen (Quetschen der Zunge, Knacken der Kieferäste, Druck auf den Gaumen, Einklemmen und Aufscheuern der Maulspalte) verursacht und es sein Maul ungehindert schließen kann.

Auf Reithalfter sollte aus mehren Gründen ganz verzichtet werden:

- Ist das Pferd in der Lage, sein Maul zu öffnen, kann es besser einem etwaigen Schmerz einer zu harten Reiterhand oder eines unpassenden Gebisses ausweichen.

- Reithalfter üben zudem einen sinnlosen und kontraproduktiven Dauerdruck aus, dem das Pferd nicht weichen kann. An vielen Pferdeschädelpräparaten kann man sehen, dass sich sogar im Bereich der Reithalfter-Riemen Knochen abbaut, was ein sehr schmerzhafter Prozess ist.

- Außerdem wird die Atmung stark eingeschränkt und das entspannte Kauen behindert.

Wenn sich ein Pferd gegen sein Gebiss wehrt, sollte immer ein sanfter wirkendes Gebiss eingesetzt und/oder die Zügelhilfen überprüft werden. Leider sieht man diesen weisen Entschluss doch zu selten. Oft wird stattdessen „aufgerüstet“, zum Beispiel mittels „Hilfs“zügeln, die wir zum Reiten komplett ablehnen, ebenso wie das Longieren am Gebissring. Dafür gibt es, wie schon erwähnt Kappzäume. Einzige Ausnahme bildet hier die korrekte Arbeit an der Doppellonge. Auch das Ausbinden am Gebiss halten wir für ungeeignet, da man hierdurch sensiblen Pferden beibringt, sich hinterm Zügel zu verkriechen und weniger empfindlichen lehrt, sich auf den Zügel zu legen.

Nicht zuletzt sollte sich jeder, der sein Pferd mit einem Gebiss reitet oder anderweitig arbeitet, bewusst machen, dass das Pferdemaul äußerst sensibel ist. Gebisse sollten deshalb stets einfühlsam und vorsichtig angewendet werden, um das Pferd nicht zu verletzen oder sein Vertrauen durch Schmerzen zu missbrauchen.

Weitere von uns bevorzugte pferdefreundliche Zäumungen sind Ledergebisse, FN zugelassene Rotary Gebisse sowie gebisslose Zäumungen wie Bosal, Sidepull oder Glücksrad.

Weitere Informationen zu Myler-Gebissen finden Sie im Internet unter www.toklat.com.

Zum Weiterlesen empfehlen wir:

- Dale, Ron & Bob Myler: Ein ganzes(Ge-)bisschen besser

- Dr. Hiltrud Strasser: Eisen im Pferdemaul

- Richard Maxwell, Johanna Sharpless: Traumpferd in 20 Minuten

Wir hoffen, dass der Gebissauswahl und -anpassung künftig genauso viel Aufmerksamkeit geschenkt wird wie es mittlerweile bei Sätteln meist der Fall ist.

Sattelanpassung

Über die „richtige“ Sattelanpassung wurde bereits sehr viel geschrieben. Aus diesem Grund möchte ich in diesem Ratgeber nur die Problematiken ansprechen, die bei uns sehr häufig auftreten.

Häufig kommen zu uns Pferde, bei denen der Sattel im Kopfeisen zu eng (geworden) ist. Das Kopfeisen sollte der Schulter ausreichend Platz bieten, sich ungehindert zu bewegen. Bei einem gesunden und gut bemuskelten Pferd stellt dies bei der Anpassung kein Problem dar.

Trapezmuskelabbau

Sehr oft bekommen wir Pferde vorgestellt, bei denen sich der Trapezmuskel abgebaut hat.  Wenn man diesen Pferden einen ausreichend weiten Sattel anpassen will, geht es nicht ohne „Hilfsmittel“, die den Trapezmuskel „ersetzen“, da sonst der Sattel in der richtigen Kammerweite auf dem Widerrist aufliegen würde. Als Hilfsmittel werden einige Pads, Satteldecken und Schabracken angeboten, die nur im Bereich des Trapezmuskels verdickt sind, oder man hat Taschen in der Sattelunterlage, die man mit verschieden dicken Schaumstoffen genau passend auspolstern kann. Dies hat den Vorteil, dass man durch abpolstern reagieren kann, wenn sich der Trapezmuskel wieder aufbaut.

Wichtig ist natürlich die Ursache für den Muskelabbau herauszufinden und diese zu beseitigen. Selten, aber einfach zu beheben, ist ein zu eng angepasster Sattel. Dieser drückt im Bereich der Ortspitzen auf den Trapezmuskel. Da sich Muskulatur durch Druck abbaut, ist in diesem Fall ein, der Schulterbreite angepasstes Kopfeisen und eine, wie oben beschriebene Sattelunterlage, schon ausreichend um die Ursache für den Muskelabbau zu beseitigen. Auch ein schaukelnder Sattel,  mit zu viel „Schwung“ im Baum kann die Ursache sein.

Sehr häufig sieht man bei Pferden mit einer Trapezmuskelatrophie auch einen Zuwachs an unphysiologischer Muskulatur im Bereich der Schulter. Dies kann auch verschiedene Ursachen haben. Manchmal tritt diese Problematik bei Pferden aus Boxenhaltung auf. Die Pferde sacken mit der Zehe in dem weichen Einstreu ein und müssen dies durch Anspannung der Muskulatur ausgleichen. Verstärkt tritt dieses Problem auf, wenn die Box blickdichte Wände hat, und das Pferd, um etwas am Leben außerhalb der Box teil zu haben, sich in einer unnatürlichen Haltung über die Boxenwand reckt oder versucht auf „Zehenspitzen“ aus dem Fenster zu schauen.

Häufiger ist aber die Ursache dieses Problems in der zu steilen Vorderhufstellung zu finden. Das Pferd muss diese Fehlstellung permanent, u.a. durch Anspannung der Schultermuskulatur, ausgleichen, was dann zu dieser unphysiologischer Muskulatur führt und den Trapezmuskel abbaut. Hier sollte das Pferd unbedingt in den von der Natur vorgegebenen Hufwinkel gestellt werden und auf ebenem Boden bewegt werden. Um dem Pferd die Umstellung zu erleichtern, gibt es sehr gute homöopathische Mittel, die u.a. helfen die verkürzten Sehnen und Bänder zu längen (unser Tierheilpraktiker Herr Klaiber verschrieb hierbei sein Form tend).

Unterschiedlicher Muskelabbau

Wenn ein Pferd verschieden starken Muskelabbau hat oder schief ist, gibt es verschieden Ursachen: Entweder liegt ein Problem im Rücken vor oder die Hufe sind verschieden lang bzw. die Beinpaare haben unterschiedliche, unphysiolgische Hufwinkel. Verschiedene Huflängen und Winkel führen zwangsläufig auch zu Rückenproblemen. Man kann hierbei die Sattelunterlagen mit den Taschen gut nutzen, indem man diese so auspolstert, dass der Sattel gerade zum Liegen kommt.

Auf jeden Fall sollte man dem Pferd durch geeignete Therapien zu einer natürlichen und gleichmäßigen Hufstellung verhelfen. Manchmal heilt der Rücken dann sogar von selbst. Ist dies nicht der Fall, sollte man einen Rückentherapeuten hinzu ziehen. Wir lassen unsere Pferde nach Dr. Strasser ausschneiden und nehmen bei Rückenproblemen einen Chiropraktiker hinzu. Sehr gute Erfahrung haben wir auch mit Akkupunktmassage gemacht.

Eine weitere Ursache für Muskelabbau ist die von mir, und bestimmt auch von den meisten Pferden, sehr gefürchtete „Boxenruhe“, die ich in vielen Fällen für nicht heilungsfördernd halte (siehe Kapitel Schmerzen, Allgemeine Maßnahmen zur Heilung).

 

Schlußwort

Ankündigung der nächsten Themen und Autoren

Carsten Schultze - Heilen von Huferkrankungen und Lahmheiten  z. B. Hufrehe, Hufrolle, Spat, Schale, …mit geheilten Pferdebeispielen und Röntgenbildern…

Heike Junker und ich - Pferdefreundliche und effektive Ausbildung von Pferd und Reiter

St. Hippolyt - Sinnvolle Pferdeernährung

Barbara Schmidt - Raumbiologie und Cluster Ness

Carsten Schultze, Carmen Heußner und ich - Hafer und der Eiweißirrtum

Ich - Geschichte, Therapie und Heilerfolge von meinem Pferd „ Funky Felix“

(Bockhufe, Sehnenschäden, Koppen, Kissingspine)

In jedem der folgenden Ratgeber wird mindestens ein Pferd von mir vorgestellt…

 

Danksagung

Ich danke:

Den ehemaligen Besitzern meiner Pferde, die ihre „austherapierten“ Pferde nicht getötet haben, sondern mir teilweise sogar geschenkt haben und mir damit ihr Vertrauen geschenkten, diese mit meinen Therapeuten zu heilen!

Den lieben Freunden, die geheilte Pferde von mir übernommen haben und ihnen weiterhin ein schönes Leben ermöglichen.

Meine Mitarbeiter und meine Mutti, die sich um die Beschaffung und Zubereitung der Nahrungsmittel für mich kümmern. Bestimmt wäre ich ohne sie schon verhungert.

Meinen Pferden und Tieren, dass sie die Therapien angenommen haben und tapferer wie ich,  ihre Krankheiten durchgestanden und überwunden haben. Für mich die tollsten Tiere und Persönlichkeiten der Welt.

Den Pferden und Ponys Ben, Sandy, Carla, Dickie und den anderen Tieren,  dass ich sie beim Sterben begleiten durfte.

Dem Pony Struppi (jetzt Arielle) ist weit über 30 Jahre alt, dass sie sich noch einmal um entschieden hat und bei uns geblieben ist. Ich hoffe, dass sie uns noch lange Zeit mit ihrer ruppigen, unnahbaren und selbstbewussten Art viel Freude bereitet.

 

Adressen

Fritzis-Reitshop                              Tierärztliche Klinik Dr. Berger           

Nicol Friderritzi                               Am Markt 7                                    

Edertalstr. 24                                26892 Heede (Emsland)                 

34513 Waldeck                              www.tierklinik-berger.de               

www.fritzis-reitshop.de                                        

Antrin Fricke                                           Akupunkteurin:

Pferde Dental Praktiker                   Johanna Balzer

Kreis Kassel                                    Prakt. Tierärztin

www.pferdezahn.de                        Georg-Voigt-Str. 35

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Hufheilpraktiker:                            Hufheilpraktikerin:

Carsten Schultze                            Carmen Heußner

Freiherr-von-Eichendorff-Str. 25      Tierheilpraxis mit klassischer Homöopathie

34626 Neukirchen                          www.huf-heilpraktikerin.de

Tel. 0173-5251670

Myler-Hersteller Toklat                   Akupunktmassage

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